Kritik 1:
USA, Mitte der 60er Jahre…Kristen kommt in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik auf die Station für junge Mädchen, nachdem sie ein Haus angezündet hat. Sie kann sich an nichts mehr erinnern und versteht nicht, warum sie in der Anstalt ist. Wie es damals noch üblich war, werden bei der Behandlung rüde Methoden wie Stromstöße und heftige Medikation angewendet. Kristen hat Erscheinungen von einem grausam entstellten Mädchen und als nach und nach einige Mitinsassinnen verschwinden, stellt sie Nachforschungen an. Realität und Wahn verschwimmen immer mehr, je näher das Mädchen einem schrecklichen Geheimnis kommt…
John Carpenter ist nicht nur einer meiner persönlichen Lieblingsregisseure, sondern ganz sicher auch einer der wichtigsten und stilprägendsten Regisseure im Horror-Genre der letzten rund 40 Jahre. Mit „Dark Star“ schuf er als Debütfilm eine herrliche Parodie auf „2001 – Odyssee im Weltraum“. „Assault – Anschlag bei Nacht“ war ein Gänsehaut erzeugender Thriller, „Halloween“ hat ein ganzes Genre beeinflusst, „The Fog – Nebel Des Grauens“ war wunderbarer Geister-Horror, „Die Klapperschlange“ ist ein Action-Klassiker der 80er, ebenso wie „Das Ding Aus Einer Anderen Wellt“ dies für den Splatterfilm der Zeit ist. Spätestens ab „Christine“, eine der damals in Massen produzierten Stephen King-Verfilmungen, wurden die Werke Carpenters mainstreamtauglicher, was sich mit „Starman“, „Big Trouble In Little China“ und „Sie Leben!“ fortsetzte. Mit „Die Fürsten Der Dunkelheit“ und „Die Mächte Des Wahnsinns“ konnte er noch einmal an alte Hochzeiten anknüpfen, bevor sein Stern mit „Jagd Auf Einen Unsichtbaren“, „Dorf Der Verdammten“, „Flucht Aus L.A.“ und „Vampire“ in den 90ern langsam sank und mit „Ghosts Of Mars“ 2001 einen Tiefpunkt erreichte, der scheinbar seine Karriere beendete. An dieser Aufzählung sieht man, wie viele große Filme John Carpenter geschaffen hat, und das sind noch nicht mal alle.
Erst 2005 gab es wieder ein Lebenszeichen mit zwei gelungenen Folgen innerhalb der „Masters Of Horror“-TV-Serie, dann war wieder Ruhe.
2010 überraschte Carpenter recht plötzlich mit einem ganz neuen Film: „The Ward – Die Station“. Hier zeigt der inzwischen fast im Rentenalter angekommene Altmeister, dass er nichts verlernt hat und man sich nicht immer an aktuelle Trends anpassen muss, um einen guten Horrorfilm zu schaffen. Das Cover der deutschen DVD lässt noch Gedanken an das Torture-Porn-Genre aufkommen, aber damit hat „The Ward“ zum Glück nichts zu tun. Stattdessen wird ein fast schon altmodischer Gruselfilm abgeliefert, der mit einem psychiatrischen Krankenhaus einen klassischen Schauplatz bietet und sich im Großen und Ganzen an die Regeln des Geisterfilms hält, inklusive liebenswerter Klischees wie Gewitter, lange dunkle Gänge, knarrende Türen und was sonst so dazu gehört. Das hätte ausgesprochen langweilig werden können, aber Carpenter ist halt ein Meister seines Fachs und schafft es, eine gruselig-spannende Atmosphäre aufzubauen. Das geschieht durch gute Kameraarbeit – einige Szenen wie die im Duschraum oder die tanzenden Mädchen im Aufenthaltsraum sind sogar großartig – und passende Geräusch- und Musikuntermalung, die diesmal zwar nicht von Carpenter selbst stammt, aber trotzdem an seine eigenen Frühwerke erinnert. Dazu gibt es eine solide aufspielende Schauspielerschar, wobei neben Amber Heard, Danielle Panabaker und Jared Harris eher unbekanntere Darsteller ausgewählt wurden.
Sicher ist die Japan-Horror-Welle der letzten rund 15 jahre auch nicht spurlos an John Carpenter vorbeigegangen, aber diese Einflüsse spürt man nur in einigen wenigen Szenen, ansonsten wird richtig klassischer Geister-Horror geboten, der ohne überflüssige CGI-Effekte auskommt. Auch beim Blut wurde gespart, nur wenige Szenen bieten etwas vom roten Lebenssaft – allerdings genug, um mit einer FSK18-Einstufung bei der FSK rauszukommen. Stattdessen gibt es ein paar nette Schockmomente.
„The Ward“ ist ganz bestimmt ein zukünftiger Klassiker – dafür hat man ähnliche Filme schon zu oft gesehen und die Auflösung ist auch recht früh erahnbar - und auch nicht einer der Top 5-Filme des Regisseurs und Gore-Freaks werden wohl enttäuscht sein. Wer aber auf schön atmosphärischen old school-Grusel steht und sich an einer Mischung aus „Gothika“ und „Einer Flog Über Das Kuckucksnest“ erfreuen kann, liegt hier richtig. Man sollte John Carpenter also noch nicht abschreiben.
Die deutsche Verleih-DVD kommt von EuroVideo und bietet ein schön scharfes Bild, sowie einwandfreien Ton in Deutsch und Englisch, außerdem deutschsprachige Untertitel. Bonusmaterial bieten nur die Verkaufs-DVD und –Blu Ray von Concorde. (A.P.)
Kritik 2:
In den 1960ern. Die Polizei findet Kristen vor dem brennenden Haus, das die junge Frau gerade angezündet hat. Kurz darauf sitzt sie in einer psychiatrischen Klinik, so schnell wird sie hier nicht rauskommen aus der Geschlossenen. Unter den Mitpatienten gibt es nette und blöde Mädchen, doch dann geschieht etwas schlimmes: Sie sieht ein totes Mädchen, das sie immer wieder zwischendurch mal sieht und das sie immer wieder in Furcht versetzt. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass es sich bei dem Mädchen um die ehemalige Patientin Alice handelt. Weiß der Arzt Dr. Stringer, was da los ist?
John Carpenter hat sich mal wieder eines einfachen Horrorstoffes angenommen, etwas, das nicht zu viele Schnörkel hat und eher direkt ist, so wie "HALLOWEEN" oder "DAS ENDE". Old School Horror, der ohne Computereffekte auskommt, wenn man mal vom ziemlich gelungenen Vorspann absieht. Das Drehbuch ist darüber hinaus leider nicht allzu originell, den Twist kann man bald erahnen, und Brutalitäten gibt es in kleinen Maßen, was trotzdem für eine FSK18-Freigabe reichte. Klingt alles zu negativ? Eigentlich nicht, denn wenn man auf einen etwas konservativen Horrorfilm im Stil der Endsiebziger/Frühachtziger steht, dann ist "THE WARD" genau richtig. (Haiko Herden)
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