London, beherrscht von einem faschistoiden Regime, wird von einer Reihe schrecklicher Morde heimgesucht. Junge Frauen werden blutleer aufgefunden. Als die Polizei endlich den Mörder stellt, erweist sich dieser als übermenschlich starker, Blut Trinkender Psychopath, der nach langer Verfolgung in einem unfreiwilligen Säurebad stirbt. Die Spur führt zu dem Forscher Dr. Mabuse, der für die Regierung eine Art Super-Menschen entwickeln soll und dabei keinerlei Skrupel kennt…
„Die Lebenden Leichen Des Dr. Mabuse“ bietet natürlich weder „lebende“ Leichen, noch (im Original) einen Dr. Mabuse, der eine rein deutsche Filmfigur ist. Er heißt in der Originalfassung Dr. Browning und der Film „Scream And Scream Again“. Dafür wirbt dieses Werk plakativ mit den Namen Vincent Price, Christopher Lee und Peter Cushing, jeder für sich eine absolute Horror-Ikone, die hier das einzige Mal in einem Film vereint sind, aber eigentlich nur kleinere Rollen spielen und kaum aufeinander treffen.
Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre befand sich der Horrorfilm im Umbruch, der klassische Gothic-Grusel der Hammer-Studios wurde von härterer und modernerer Kost abgelöst. Romeros „Lebende Tote“ wandelten über die Leinwände, eine gewisse Rosemary bekam das Baby des Satans und Dracula jagte im Auftrag der Hammer Studios Mini-Mädchen. In dieser wilden Zeit, die durch mehr sexuelle Offenheit und die weite Verbreitung von (psychedelischen) Drogen beeinflusst war, ergab sich eine Phase von Experimentierfreudigkeit, die sich in diesem Film widerspiegelt. Heraus gekommen ist eine mehr als wilde Mischung aus Gruselfilm, Krimi (mit viel Wohlwollen sogar ein bisschen Giallo) und merkwürdigerweise Polit-Thriller. Irgendwie wirkt es so, als wenn die Story um eine faschistische Regierung (inklusive Symbolik, die offen von den Nazis übernommen wurde) eigentlich ein eigener Film hätte werden sollen. Die beiden Geschichten laufen nie richtig zusammen. Möglicherweise sollten hier tatsächlich zwei Filme entstehen, aber für keinen wurden genug Material fertig gestellt, so dass man beide zu einem zusammengeschnitten hat.
Obwohl vieles angedeutet wird und 1970 sicher schon so manches im Film möglich war, kann der Film trotzdem weder mit viel Nacktheit, noch mit besonders blutigen Szenen punkten, Anspielungen gibt es zwar, aber so richtig haben die Macher sich wohl nicht getraut. Möglicherweise haben sie selbst auch einen Teil des Budgets in bewusstseinserweiternde Stoffe gesteckt.
Trotz seiner chaotischen Handlung, ist der Film recht unterhaltsam, gerade, weil er altes und neues miteinander verbindet und eine Menge ausprobiert und sich zudem selbst vollkommen ernst nimmt und dadurch erst unfreiwillig komisch wird. Zudem ist natürlich die authentische Atmosphäre der damaligen Zeit ein echter Brüller, von der Kleidung bis zu Musik in einem dunklen Kellerclub. Mad Scientist-Motive, verbunden mit Orwells „1984“, „Frankenstein“, Verfolgungsjagden und einer Art Großstadtvampir (ein Motiv, das später George Romero in „Martin“ ebenfalls verwendete) machen „Die Lebenden Leichen Des Dr. Mabuse“ zwar nicht zu einem Klassiker, wie uns das Label KSM auf dem Cover weismachen will („Klassiker“ bedeutet bei KSM einfach nur „alter Film“), aber zu einer Wundertüte eigentlich nicht zusammenpassender Motive und zu einer Skurrilität unter den Horrorfilmen seiner Zeit. Sehr erfreulich, dass KSM ihn auf DVD mit einem schönen Covermotiv veröffentlicht hat.
Die DVD erscheint in der Reihe „KSM Klassiker“. Die Bildqualität ist durchwachsen, aber der Film ist auch fast 45 Jahre alt, dafür ist es allemal okay. Den Ton gibt es in deutsch und englisch in Stereo und dazu deutsche Untertitel. Fans des Horrors der 60er und 70er Jahre sollten die Scheibe auf jeden Fall in ihre Sammlung aufnehmen, und sei es nur wegen seiner bizarren Absurdität. Blödsinn, natürlich, aber herrlich unterhaltsamer Blödsinn. (A.P.)
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