Eine Kleinstadt in der Nähe von Stuttgart, Ende der 70er Jahre. Fred ist einer der wenigen Punks, Elvis ist gerade gestorben (Sid Vicious wird ihm bald folgen, die beiden Tode bilden den zeitlichen Rahmen der Handlung) und Freds Vater hat mit dieser Tatsache schwer zu kämpfen…und natürlich mit dem Anderssein seines Sohnes. Konfliktpotential vom feinsten. Fred hat aber nicht nur gegen seinen Vater zu kämpfen, sondern auch mit der Langeweile in der miefigen, spießigen Kleinstadt, Beziehungsproblemen und dem schulischen Versagen. Da hilft nur Abhängen mit Freunden, saufen und kiffen…
Ach je, NORMAHL geben nicht auf. Eine der (oder sogar die) dienstältesten deutschen Punkbands treibt nun schon über 30 Jahre ihr Unwesen und in der Zeit gab es viele Highlights und leider auch ein paar echte Aussetzer (ich erinnere mich nur ungern an den Beitrag zur Fußball WM 2006, unverzeihlich). Für mich persönlich war NORMAHL Mitte der 80er Jahre recht wichtig in meiner Punk-Sozialisation.
Das Bandjubiläum feiert man, wie es sich für eine Punkband gehört, mit etwas Verspätung, dafür aber im großen Stil. Es gibt nämlich nicht einfach nur eine Best Of-CD, sondern ein komplettes Album, das insgesamt 19 Tracks enthält, davon einige bisher unveröffentlichte und fünf ganz neue. Das wäre noch nicht spektakulär, wenn es nicht gleichzeitig als Soundtrack zum NORMAHL-Film dienen würde. Tatsächlich, die Band spielt in einem rund sechzigminütigem Film mit! Und zwar sozusagen die eigenen Eltern. Klingt komisch? Ist aber so…
Der Film, geschrieben und inszeniert von Sandro Lang und Emanuel Brüssau ist natürlich keine große Produktion, sondern eine Mischung aus Amateur-/Independentfilm (nicht negativ gemeint!), Videoclip und Musikfilm. Im Prinzip das fehlende Glied zwischen Hark Bohms „Nordsee ist Mordesee“ und Henna Peschels Quasi-Fortsetzung „Rollo Aller 1+2“. Naja, und natürlich eine Prise „Dorfpunks“, der Vergleich ist wohl unvermeidbar.
Die schauspielerischen Leistungen sind dafür absolut okay, sicher sind keine Oscar-Anwärter dabei, aber bei Produktionen dieser Größenordnung hat man auch schon weitaus schlechteres gesehen. Die NORMAHLs spielen recht überzeugend die Elterngeneration, tauchen aber auch als Liveband im Film auf.
Sicher gibt es in der Handlung einige autobiographische Momente, aber das ist eigentlich egal, wichtig ist hier nur, dass dies ein richtig netter kleiner Punkfilm ist, der nicht ganz so glatt produziert ist, wie manch anderer, dessen dramatische Momente aber nicht so sozialkritisch erscheinen, wie sie vielleicht möchten. Das ändert jedoch nichts daran, dass hier ein ausgesprochen unterhaltsamer Punk-Film entstanden ist, der tatsächlich ein bisschen die frühe Punk-Zeit heraufbeschwört. Sehr sympathisch.
Neben der reinen Soundtrack-CD, die NORMAHL-Fans sicher zufriedenstellt, erscheint auch eine Doppel-Box mit der Film-DVD und der Soundtrack-CD. Die DVD enthält dazu noch eine rund dreißigminütige NORMAHL-Dokumentation mit Interviews und Videoausschnitten. Das ist ganz informativ, aber ein bisschen mehr Humor hätte da schon etwas Pfeffer rein gebracht, wirkt so schon wie ein typisches MTV-Special.
Wahrscheinlich wird es NORMAHL geben, bis Sänger Lars Besa mal ins Gras beißt. Mir ist das absolut recht und mit „Jong´r“ hat sich die Band tatsächlich noch mal ein kleines Denkmal gesetzt. (A.P.)
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