Krieg? Der ist doch immer nur woanders. Hier in Deutschland bzw. Europa? Undenkbar. „NICHTS“-Autorin Janne Teller hat diesen Gedanken durchgespielt. Die EU ist zusammengebrochen, die Wirtschaft praktisch tot, die Mitgliedstaaten alle sauer aufeinander, ein Krieg bricht aus. Anhand einer Familie, der es bisher wirtschaftlich gut ging, wird erzählt, wie diese als Kriegsflüchtlinge nach Ägypten fliehen und dort in einem Flüchtlingslager versuchen, ein neues Leben zu starten. Als der Krieg nach einigen Jahren vorbei ist und man sich mittlerweile einigermaßen mehr schlecht als recht im Gastland eingelebt hat, kommt der Gedanke auf, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Doch beginnen die Probleme damit erst recht?
Der erste Eindruck eines Buches ist ja immer das Cover. Das ist wirklich sehr gelungen, nämlich in Farbe, Größe, Form und Material einem Reisepass nachgestellt. Innendrin einige sehr gelungene Illustrationen. Doch dann wird einem auch klar, dass das Buch auch ähnliche viele Seiten hat wie ein Reisepass. „KRIEG“ ist auch kein Roman, sondern ein Essay von Frau Teller, das aufgrund seines Interessantheitsgrades und des Erfolges von „NICHTS“ auf den Buchmarkt geworfen wurde. Man hat es superschnell durchgelesen. Schön wäre es gewesen, das Ganze tatsächlich als Roman zu lesen, denn alles wird nur kurz angerissen und man möchte die vielen spannenden Punkte eigentlich gerne mal detaillierter wissen. Nachwirkungen hat das Buch allerdings auch, denn es hat mir zumindest klargemacht, dass Krieg unter den EU-Mitgliedern gar nicht mal so unwahrscheinlich ist, wie man annehmen möchte. Die aktuelle Eurokrise und Deutschlands Rolle darin bestärken den Gedanken. Zum anderen zeigt es, wie sich Kriegsflüchtlinge fühlen. Und mit welchen Problemen sie kämpfen müssen, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren. Deutlich gemacht wird es anhand der deutschen Familie, die in Ägypten zwar nicht angefeindet, aber auch nie respektiert wird. Eine Sache, über die man sich eigentlich nie so richtig Gedanken gemacht hat. Das Buch wurde übrigens für jede Übersetzung überarbeitet und es betrifft immer eine Familie aus dem jeweiligen Land, in dem die Sprache gesprochen wird. Auch die Gründe für den Krieg sind von Übersetzung zu Übersetzung individuell. Wie gesagt, außer dass es viel zu kurz ist, ist „KRIEG“ ein Büchlein, das einem zu denken gibt. Kompliment. Das wäre etwas, was man im Schulunterricht lesen könnte. (Haiko Herden)
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