Weil ihr Vater einen neuen Job als Polizist in Bridgend antreten muss, zieht seine Tochter Sara mit in den kleinen Ort. Sie findet schnell Anschluss an die Jugendlichen des Ortes, erfährt aber auch, dass es in dem Ort eine Reihe von Selbstmorden Jugendlicher gekommen ist. Während die Bewohner des Ortes verzweifelt zu verstehen versuchen, was die Jugendlichen antreibt, gerät Sara immer tiefer in die Ereignisse, die eine Art Todespakt unter den Jugendlichen als Ursache zu haben scheinen…
Ich gebe zu, würde nicht die wunderbare Hannah Murray („Skins“, „Game Of Thrones“) die Hauptrolle in diesem zunächst mal unscheinbaren Film spielen, er wäre wohl komplett an mir vorbei gegangen. Wie vermutlich auch bei den meisten anderen Leuten. Das liegt zum einen daran, dass das Thema nicht gerade mainstreamtauglich ist – und der Film nicht besonders bekannt oder erfolgreich war - und die Umsetzung auch nicht unbedingt zur leichten Unterhaltung taugt. Das Tempo ist langsam, ja fast schon schleppend. Aber genau dadurch und durch die wunderbare Optik wird eine bedrückende Atmosphäre aufgebaut, die – sofern man auf ein Drama mit Mystery-Elementen steht – absolut fesselt. Die Bilder sind trüb und blass, oft in erdigen Farben gehalten, und erinnern wohl nicht zufällig manchmal an „Twin Peaks“. Die Handlung hat natürlich nichts mit David Lynchs TV-Meisterwerk zu tun. Manche Szenen wirken fast verzaubert, so die Eröffnungsszene mit dem Hund im Wald oder die Badeszene der Jugendlichen im See. Die finale Szene ist Gänsehaut pur! Es geht um eine auf wahren Begebenheiten beruhende Serie von Selbstmorden von Jugendlichen in einer Kleinstadt, die nie aufgeklärt wurde und auch wohl nicht geendet hat. So bietet auch der Film keine Auflösung und will es auch gar nicht.
Der Regisseur Jeppe Ronde hat sich wohl sehr intensiv mit dem Fall beschäftigt und geht behutsam, nicht sensationsheischend an die Sache heran, auch wenn er den Stoff natürlich in eine filmgerechte Form gebracht hat, indem er die Geschichte aus Sicht der jungen Sara erzählt. Eine Dokumentation braucht mal also nicht befürchten. Die Geschichte wird in zurückhaltender Art und Weise erzählt, immer wieder sieht alles fast nach normalem Alltag aus, bis dann wieder eine schockierende Szene kommt, die die scheinbare Kleinstadtidylle zerbricht. Das wird auch durch die musikalische Begleitung unterstrichen, so werden schwebende, elektronische Klänge immer wieder von ruppigeren, experimentellen Tönen unterbrochen. Vielleicht etwas übertrieben werden Symbole benutzt. Das soll wohl den Mystizismus verstärken, wäre aber gar nicht nötig gewesen.
All dies zusammen ergibt einen wahnsinnig intensiven Film, den manche Leute, vermutlich die meisten, ziemlich langweilig finden werden, weil eigentlich nicht viel passiert. Wer sich aber auch für einen Film begeistern kann, wenn er „nur“ starke Bilder und eine intensiv-schwermütige Atmosphäre bietet, ist hier genau richtig. Und wenn man nur Hannah Murray mag, die hier großartig wie immer spielt, kommt man an „Dorf Der Verlorenen Jugend“ sowieso nicht vorbei. Wer sich von der Stimmung in Filmen wie „Wenn Die Gondeln Trauer Tragen“ oder „Picknick Am Valentinstag“ gerne gefangen nehmen lässt, hat hier auf jeden Fall tollen Nachschub.
Eine Kinoauswertung hatte der Film in Deutschland wohl nicht und Donaufilm, wo er auf DVD erscheint, hatte wohl nicht genügend Vertrauen in das Werk, um selber eine Synchronisation erstellen zu lassen. So gibt es den Film nur in englischem Originalton mit deutschen Untertiteln zu sehen, was für den deutschen Markt wohl sein Todesurteil bedeuten dürfte, was den kommerziellen Erfolg angeht. Eine Schande, dass wohl nur eine kleine Zahl von Filmfans diesen Film sehen wird. Die Bildqualität ist gut, wobei die etwas verwaschene Optik natürlich gewollt ist. Der Ton gibt auch keinen Anlass zur Kritik, wobei das Thema des Films natürlich nicht gerade Anlass zu aufwändigen Surroundeffekten gibt. Das Covermotiv ist an sich sehr schön und stimmungsvoll, kommt aber durch die billig drauf geklatschte Schrift überhaupt nicht zur Geltung. Da hat sich wohl jemand beim Label keine 2 Minuten Gedanken gemacht, wie offenbar bei der gesamten, lieblosen Veröffentlichung. Als Bonus gibt es den Trailer. Schade, dass nicht mehr Sorgfalt in die DVD gesteckt wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass ein anderes Label sich der Sache irgendwann noch einmal annimmt und „Dorf Der Verlorenen Jugend“ eine würdige Veröffentlichung verschafft. (A.P.)
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