 Season 1 – Episode 1
Hörfabrik – 2003 – CD – www.hoerfabrik.de
„Kurzarbeit“ ist ein neues Projekt der Hörfabrik, von der wir schon die gute „A.D.F. – Anti Demon Force“-Serie kennen. Konzept ist es, dass jeweils mehrere Lesungen von Kurzgeschichten zu einem bestimmten Thema zusammengefasst werden, bei dieser ersten Folge geht es um „Psychopathen“. Drei stilistisch und inhaltlich sehr unterschiedliche Geschichten über eben diese ganz spezielle menschliche Spezies bekommt der Hörer geboten…
„Montag“ von Hörfabrik-Macher Horst Kurth persönlich geschrieben und gelesen macht den Beginn. Es geht um einen Mann, der ein eher trauriges Leben als Hausmeister in einer Großwäscherei fristet. Dort wird er von den Angestellten gemobbt, gedemütigt und bloß gestellt, bis er nach einem besonders bösartigen Scherz beschließt, den Spieß umzudrehen. Für sechs der Angestellten hat er am Montagmorgen so einiges vorbereitet…
Die Geschichte um den Verlierer, der die Demütigungen irgendwann nicht mehr erträgt und sich grausam rächt ist zwar inhaltlich nicht neu, aber doch unterhaltsam, gerade wegen der ausgesprochen kreativen und nachvollziehbaren Morde. Kurth liest mit angenehmer Stimme, die das Zuhören leicht macht und so vergeht die gute halbe Stunde wie im Fluge. Stilistisch bemängeln kann man die teilweise ausartende Benutzung von Adjektiven, weniger wäre hier manchmal besser und auch die Benutzung von Fremdwörtern muss nicht immer sein. Warum müssen Hundescheiße als „Exkremente“ oder eine Spinne als „Arachnoid“ bezeichnet werden. Das ist zwar alles korrekt, aber eben doch unnötig. Abgesehen davon ist „Montag“ aber ein sehr gelungener Start.
Es folgt „Eine Kleine Nachtmusik (Pum-Pum)“, geschrieben und gelesen von Daniel Nipshagen. Lena ist ein Mauerblümchen, das seine besten Jahre hinter sich hat. Funktionierende Beziehungen hatte sie nie, sie arbeitet beim Mieterverein und sucht in ihrer Einsamkeit Zuflucht in der Religion und im Internet. Als sie eines Tages den Königspudel einer Bekannten für einige Zeit in Pflege nimmt, beginnt ein gnadenloser Kampf mit dem Hund…
In eine völlig andere Richtung als „Montag“ geht Daniel Nipshagen´s Geschichte. Hier geht es um Paranoia, Verfolgungswahn, Vereinsamung und Realitätsverlust und der Autor erzählt die Geschichte ohne jeden Anflug von (schwarzem) Humor, was die knapp zwanzig Minuten ziemlich hart erscheinen lässt. Bei der Sprache wird alles knallhart ausgesprochen, vor allem, wenn es um sexuelle Dinge geht, hier und da geht Nipshagen fast schon so weit, dass es krampfhaft wirkt. Alles in allem ist „Eine Kleine Nachtmusik (Pum-Pum)“ aber das beeindruckende Werk eines jungen, weitgehend unbekannten Autoren, das neugierig auf mehr macht.
Die letzte Geschichte auf „Kurzarbeit – Psychopathen“ ist Florian Wendlandt´s „Allein In Der Nacht“, gelesen von Christoph Tiemann. Ein junger Mann wacht nachts mitten im Wald auf, ohne zu wissen, wie er dahin gekommen ist. Ist er geschlafwandelt? Auf seinem Weg heraus aus dem Wald spielt er, um sich Mut zu machen, auf seiner alten Mundharmonika, was einige Jugenderinnerungen aufsteigen lässt. Doch in dem Wald ist nicht alles in Ordnung, irgend“etwas“ versteckt sich in der Dunkelheit der Nacht. Als der Mann auf eine Hütte trifft, in der Licht brennt, wähnt er die Rettung nahe…
Florian Wendlandt´s Geschichte ist die schwächste auf der CD, was gleichzeitig aber nicht bedeutet, dass sie schlecht wäre. Während die anderen beiden Storys eher klassische Psychopathen, die Auswirkungen auf ihre Umwelt haben, thematisieren, geht es hier weitaus psychologischer zu. Eigentlich ist der größte Teil der Geschichte eine pure Horrorstory mit Einflüssen von Lovecraft bis „Blair Witch Project“, aufgrund der Thematik der CD ist dem geübten Horrorfan aber schnell klar, dass es hier um den inneren Konflikt der Hauptperson geht und man überlegt eigentlich nur, in welchem von verschiedenen zu erwartenden „Schlussgags“ die Geschichte endet. Spätestens nach einundzwanzig Minuten der sechsundzwanzigminütigen Geschichte ist das Ende dann sonnenklar.
Insgesamt muss man sagen, dass der Versuch, eine Themen-Anthologie als Hörbuch umzusetzen, gut gelungen ist. Alle drei Geschichten sind solide, teilweise sogar richtig gut und alle drei Sprecher leisten ordentliche Arbeit, wobei sie alle recht ähnlich klingen. Verlierer, wenn man so etwas hier überhaupt sagen sollte, ist dabei Christoph Tiemann, der am wenigsten im Gedächtnis bleibt. Die technische Umsetzung ist einwandfrei. Innerhalb der Geschichten wird zurückhaltend, aber meist passend, mit Musik und kleinen Soundeffekten gearbeitet. Auch hier ist „Allein In Der Nacht“ leider der etwas negative Ausreißer. Warten wir also gespannt darauf, welches Thema bei „Kurzarbeit 2“ gewählt wird, Möglichkeiten gibt es da noch viele.
Die Gestaltung des Covers und der CD ist sehr gelungen und hebt sich deutlich von A.D.F. – Anti Demon Force“ ab. Während die Serie eher actionreich und schön trashig ist, zeigt die Hörfabrik mit „Kurzarbeit“, dass man durchaus auch noch andere Dinge von ihr erwarten darf. (A.P.)
Buch: Horst Kurth, Daniel Nipshagen, Florian Wendlandt
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