Christoph Schlingensief kennt irgendwie jeder, sei es als Trashfilmregisseur aus den frühen 90er Jahren, als TV-Provokateur, Polit-Clown, angesehenen Theaterregisseur oder eben als kompromisslosen Aktionskünstler. Er wird geliebt und gehasst, nur kalt lässt er niemanden. Er polarisiert und das voll bewusst und, auch, wenn es oft oberflächlich betrachtet häufig plump erscheint, hintersinnig und intelligent.
Als im Jahre 2000 die österreichischen Konservativen von der ÖVP nach einer Wahllüge die Regierung zusammen mit Jörg Haiders rechtsradikaler FPÖ bildete, war Schliengensief der Meinung, dagegen muss man was tun. Und wenn Herr Schlingensief sich so was vornimmt, dann richtig.
Mit dem „Ausländer Raus“-Container hat er eine bitterböse Satire auf die damals angesagte „Big Brother“-Thematik geschaffen, die wohl wie kaum eine seiner anderen Aktionen missverstanden wurde und extreme Reaktionen herausforderte.
Eine gruppe von Asylanten wurde mitten in der Wiener Innenstadt in einen Wohncontainer gesperrt, darüber prangte 6 Tage lang ein riesiges „Ausländer Raus“-Schild und über das Internet konnten die Menschen jeden Tag zwei Ausländer raus wählen, die dann sofort (angeblich) abgeschoben würden. Schlingensief selbst war sich offenbar nicht bewusst, was er damit auslösen würde. Die Reaktionen waren vielseitig. Viele Menschen unterstützten den Macher und sein Team und begriffen, dass es hier um die Bloßstellung der rechtsradikalen FPÖ-ÖVP-Regierung ging. Die volle Zeit über hielt es weder eine der Regierungsparteinen, noch die Polizei für nötig, das „Ausländer Raus“-Schild verschwinden zu lassen. Am heftigsten sind aber die eingefangenen Reaktionen der Leute, die das Spektakel vor Ort besucht haben. Da gibt es Rentner, die augenscheinlich gar nicht begreifen, dass es sich um eine Aktion gegen Ausländerfeindlichkeit handelt und ihrem Ausländerhass freien Lauf lassen, immer zusätzlich angestachelt von Christoph Schlingensief. Andere regen sich besonders darüber auf, dass Österreichs Ansehen geschädigt wird. Der Künstler lässt die Leute auch noch die absurdesten Meinungen unwidersprochen rum posaunen und enthüllt gerade dadurch ihre rechtskonservative Dummheit. Es kommt aber auch zu brenzligen Situationen durch Demonstrationen und Brandanschläge und mehr als einmal droht die Lage zu eskalieren.
In Interviews mit Schlingensief und anderen Beteiligten and der Aktion wird klar, dass sie die Lage nicht immer im Griff hatten. Dabei ist es besonders wichtig, dass die nachträglichen Interviews sehr sachlich geführt wurden, ohne Zynismus, Häme oder Genugtuung.
Die gut und dazu natürlich auch unterhaltsam geschnittene Dokumentation lässt nie Langeweile aufkommen. Häufig kann man wegen der Absurdität der Ereignisse herzhaft lachen, immer wieder muss man aber auch auf Grund der Dummheit vieler Menschen den Kopf schütteln oder erschrickt regelrecht über das, was manche Menschen so ungestraft von sich geben. Die Aufdeckung dieser Dummheit ist die Stärke der ganzen Aktion und dieser DVD und somit handelt es sich um eine extrem wichtige Veröffentlichung, die ruhig auch Jugendlichen im Schulunterricht gezeigt werden sollte.
Aktion und spätere Dokumentation auf DVD beweisen einmal mehr, dass Kunst nicht nur politisch sein darf, sondern auch sein muss!
Die DVD ist bei Monitorpop erschienen und kommt im Digipak mit Pappschuber.
Bild- und Tonqualität wechseln, wie es bei einer Dokumentation nun einmal vorkommt. Negativ auszusetzen gibt es aber nichts.
Neben der eigentlichen Dokumentation gibt es noch ein Schlingensief-typisches, radikales Grußwort, einen Trailer, ein paar Biographien, einen DVD-Rom-Part, der die Website zur Container-Aktion enthält und eine kurze Dokumentation über die Werbung zur Filmpremiere. Besonders schick ist aber dann auch noch der Pappbastelbogen, mit dem man sich selber den Container nachbauen kann. Rundum also eine gelungene Veröffentlichung. Damit die Menschen auch international in den Genuss dieser DVD kommen, gibt es schließlich auch noch englische Untertitel (A.P.)
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