Was hat eigentlich der eigene Opa (bzw. Uropa) während des Zweiten Weltkrieges gemacht? Hat er sich gegen die Nazis aufgelehnt, oder war er selbst einer? Im Grunde weiß das doch keiner, weil das Thema zumeist totgeschwiegen wird seitens der Großeltern. Und wie wirkt sich dieses Totschweigen auf die nachfolgenden Generationen aus? Jens Schanze wollte bei seiner Diplomarbeit in Sachen Film dieser hochinteressanten Frage auf den Grund gehen und nahm sich seine eigene Familie vor. Der eigene Großvater Parteimitglied und lokaler Nazi-Redenschwinger, wie sich herausstellt. Doch das ist gar nicht so sehr der Kern dieser Dokumentation, vielmehr ist es die Mutter und die anderen Familienmitglieder, die die Zeit damals miterlebt haben. Im Grunde wird das erste Mal überhaupt über das Thema geredet und es kostet den Erzählenden deutlich viel Kraft, sich zu erinnern. Der Großvater predigte die grausamen Nazi-Thesen von der Vernichtung der Juden, der Überlegenheit der deutschen Rasse und dem Traum der Weltbeherrschung, doch war er deshalb ein Nazi? Nein, so könne man das nicht sagen, so die Mutter des Regisseurs, man könnte eher sagen, dass er Nationalsozialist war. Nazi klingt zu negativ. Immerhin war er, wie man der Meinung ist, niemals aktiv an Denunzierungen oder gar körperlichen Grausamkeiten beteiligt gewesen. Ich finde, genau dieser Teil der Dokumentation ist der aussagekräftigste im ganzen Film sowie der Besuch im KZ Groß-Rosen, wo die Mutter unbewusst einige recht heftige Dinge sagt. Auch wenn die Familie am Ende nach den Dreharbeiten sich wieder offener gegenüber treten kann, zeigt sich doch, dass die Generation weiterhin schweigend bleiben wird. Es ist sehr mutig von dem Regisseur, seine eigene Familie so in die Öffentlichkeit zu zerren und das macht die Dokumentation zusätzlich höchst interessant. Wie es sich für eine gute Doku auch gehört, muss man hier zwischen den Zeilen lesen, wird nicht großartig kommentiert, der Zuschauer muss selbst denken, sich selbst Meinungen bilden, er bekommt nicht alles portionsgerecht für den schnellen Verzehr serviert. Höchst unterhaltsam wie zugleich sehr erschreckend ist der auch Besuch im Verein Deutscher Studenten, wo ein Foto des lokalen Helden, eben jenes Großvaters, an der Wand hängt. Was diese „Burschenhaft“ da wieder vom Stapel lässt, ist höchst peinlich. Am Ende scheint die Familie sich nähergekommen zu sein. Immerhin das. Immerhin hat man mal über ein paar Dinge gesprochen, aber trotz allem wird die Vergangenheit immer noch verleugnet. Man hat ja nichts gewusst.
Die deutsche DVD von Sunfilm präsentiert den Film in Deutsch (Dolby Digital 2.0) sowie im Bildformat 1:1.85 816:9 anamorph). Untertitel sind in Deutsch für Hörgeschädigte verfügbar. Als Extras gibt es ein Interview mit dem Regisseur (12:20 Min.) sowie zwei geschnittene Szenen (9:47 Min.) und einen Trailer (1:18 Min.) (Haiko Herden)
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