(Zsolnay Verlag, 2020)
Helga, die Oma von Lisa Eckhart war auch mal jung, 1945 steckte sie in der Pubertät und musste sich zusammen mit ihrer Schwester Inge mit den Besatzern auseinandersetzen. Das Buch begleitet die Frau von diesem Zeitpunkt bis zu ihrem Ende, und Helga war wahrhaft keine Wollpullover strickende Dame, sondern eine junge Version der Autorin, also der Kunstfigur Lisa Eckhart mit ihren speziellen und aneckenden Weltansichten. Und da auch fast nur Frauen vorkommen - Männer sind meist dick und dumm - gibt es natürlich auch deutlich feministische Ansätze. Aber auch die sind oft um zwei bis drei Ecken gedacht. Neben der Geschichte gibt es immer wieder Stellen, an denen man sich wie im Bühnenprogramm von Eckhart wähnt, nämlich immer dann, wenn es erklärende Worte zur Welt gibt, in der Omama lebt. Omama übrigens, weil die Oma große Teile der Erziehung der Autorin übernommen hat und deshalb von dieser teilweise als Mama angesehen wurde.
Was macht das Buch aus? Im Grunde das Gleiche wie die Auftritte: Die gestelzte Ausdrucksweise, die verschachtelten Sätze, die österreichischen Worte oder die, die heute kaum noch jemand benutzt, kurzum: böse Dinge in schöne Worte kleiden - wenn man das Buch liest, hat man definitiv die Stimme Frau Eckharts im Ohr, und wenn man das Ganze als Hörbuch genießt, wähnt man sich eh mitten in einem Liveprogramm, mit dieser distinguierten, österreichisch-affektierten Art zu sprechen, teils akzentuiert, teils beinahe lallend. Kontroverse Diskussionen gab es ja zu der Frau und ihrem Humor, der schon manchmal weh tut, aber ich denke, er tut hauptsächlich denen weh, die sich bei ihrem eigenen Denken ertappt fühlen, und man muss natürlich, wie oben erwähnt, mitunter etwas um Ecken denken, und Eckhart auf der Bühne und im Buch sind eh Kunstfiguren. Mir jedenfalls hat das Buch Spaß gemacht. Trotzdem muss man eines wirklich anmerken: Es ist mit 384 Seiten einfach zu lang. Irgendwann wird es wirklich anstrengend, und man kann auch keine 13,5 Stunden das Hörbuch durchhören, irgendwann wird es einfach zuviel. Entsprechend sollte man das Buch wohl kapitelweise lesen oder hören und sich zwischendurch immer mal was anderes zu Gemüte ziehen. (Haiko Herden)
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