Ein junges Paar gerät in die Fänge eines Wahnsinnigen und wird schließlich brutalst zu Tode gefoltert. Eine Bekannte ist zusammen mit einem abgehalfterten Privatdetektiv auf der Suche nach den Entführten und dann tauchen auch noch ein paar ziemlich üble Gangster in dem abgelegenen Haus auf. Als die Toten als rachsüchtige Dämonen zurückkehren, beginnt ein grausames Massaker…
Vor rund 20 Jahren habe ich angefangen, Amateurfilme zu gucken. Los ging es mit Peschels „Viva Ceaucescu“ und Schnaas´ „Zombie 90“. Auch Werke von Ittenbach und Bethmann folgten bald. In den 90ern gab es dann eine richtige Welle von Underground-Produktionen, die bald abschätzig als „Wald- und Wiesen-Splatter“ abgetan wurden, weil sie eben meist in Wäldern entstanden. Taubert, Rose und viele mehr mischten mit. Einige der Freizeit-Regisseure verfolgte ich weiter auf ihrem Weg zu halbprofessionellen Produktionen, andere verlor ich wieder völlig aus den Augen.
Auch Maik Ude versuchte sich schon damals an einigen kleineren Filmen, legte aber erst im neuen Jahrtausend mit aufwändigeren Produktionen richtig los. An mir ist der Mann jedoch völlig vorbeigegangen, bis ich vor Kurzem zufällig auf seinen Film „Abnormis“ aus dem Jahr 2010 gestoßen bin. Da ich zufällig einen der Beteiligten kannte, gelangte ich an eine DVD des Films und war ziemlich überrascht, über das, was ich da zu sehen bekam. Ude hat mit beträchtlichem Aufwand und technischem Können einen Film hinbekommen, der ziemlich genau auf der Klippe zwischen typischen Amateurfilm-Fehlern und ernstzunehmendem Independent-Film balanciert, aber die Kurve in die richtige Richtung bekommt.
Eher in die Amateur-Ecke gehört die doch ziemlich dünne Story, die sich zunächst am inzwischen schon wieder abklingenden Torture-Porn-Genre orientiert und dann zum puren Dämonen-Horror wird. Auch das Ziel, bei den ultragorigen Effekten die Frühwerke von Schnaas und Ittenbach zu toppen, erscheint nicht mehr ganz zeitgemäß. Allerdings muss man ganz klar sagen, dass die handgemachten Effekte schon ziemlich gut aussehen. Zudem klappt es auch ganz gut, immer wieder atmosphärische Szenen einzubauen, vor allem in der zweiten Hälfte des Films.
Bei den Darstellern sticht vor allem Sven Spannagel als Psychopath heraus. Spannagel kommt wirklich richtig schön durchgeknallt rüber. Auch Marco Kruse als Privatdetektiv „Blaschke“ liefert eine ganz gute Vorstellung ab. Alle anderen bieten zumindest eine solide Leistung, die von Peinlichkeiten der meisten anderen Amateurproduktionen meilenweit entfernt ist. Dass man in so einem Film keine zukünftigen Oscar-Anwärter zu sehen bekommt, dürfte klar sein.
Wenn man sich das Bonusmaterial anschaut, wird klar, dass alle mit großem Spaß dabei waren – gerne auch mal mit einem Bier in der Hand – aber eben doch ernsthaft gearbeitet wurde. Die Darsteller haben dabei wohl ziemlich viel auf sich genommen, vor allem Darkun als „Chris“ musste wohl eine Menge über sich ergehen lassen. Auch für aufwändige Körperabdrücke aus Gips musste fast jeder Darsteller ran, was sich aber gelohnt hat, denn die künstlichen Körperteile sehen recht überzeugend aus.
Dazu hat man viel mit Green Screen und ein bisschen mit CGI gearbeitet, was insgesamt ordentlich aussieht und den Film eben von reinen Amateurproduktionen abhebt. Auch der Schnitt, die Kameraführung und die Nachvertonung zeigen, dass die Ambitionen der Macher sich eben doch vom „Wald- und Wiesen-Splatter“ abheben. Wenn jetzt noch ein bisschen mehr an den Drehbüchern gearbeitet wird, man die Gore-Effekte zugunsten der Atmosphäre zurückschraubt und bei der Laufzeit etwas strafft, darf man sich wahrscheinlich auf interessante weitere Werke freuen.
„Abnormis“ ist im Eigenvertrieb in zwei Auflagen mit je 333 Exemplaren erschienen. Die großen Hartboxen sehen sehr edel aus und enthalten zusätzlich zum Film eine DVD mit umfangreichem Bonusmaterial. Diese Fassung unterscheidet sich zur Erstauflage, der „Limited Rotten Edition“ mit 111 Exemplaren, durch ein anderes Ende. Beide Versionen sind aber offiziell.
Die Bildqualität ist sehr grobkörnig, was aber wohl als Stilmittel so gewollt ist, der deutsche Ton geht auch völlig in Ordnung – man darf eben nicht vergessen, dass es sich bei „Abnormis“ um einen sehr gering budgetierten Film von Fans des Genres handelt. Untertitel sind in Deutsch und Englisch vorhanden.
Das Bonusmaterial bietet zunächst einmal einen Audiokommentar mit einigen Beteiligten. Da bemerkt man zeitweise schon die fehlende Erfahrung bei so etwas und so wird gerne mal durcheinander gesabbelt oder es wird etwas albern. Einige Anwesende frönen zudem merklich den alkoholischen Genüssen, was aber ganz unterhaltsam ist. Die zweite DVD enthält in mehreren Featurettes jede Menge Behind The Scenes-Material, wobei man vor allem sehr anschaulich zu sehen bekommt, wie die blutigen Effekte entstanden sind und wie viel Spaß die Macher und Darsteller hatten. Dazu eine schöne Bildergalerie, natürlich der Trailer, ein Musikvideo und ein Special zum „Weekend of Horror“. Der günstige Preis sollte da nur ein weiterer Anreiz für Fans von Underground-Filmen sein, sich „Abnormis“ zu besorgen. (A.P.)
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