Als ein mehrfacher Kinderschänder und -Mörder vom Gericht wegen eines Verfahrensfehlers nicht verurteilt werden kann, nehmen ein paar Männer und Frauen – Eltern einiger Opfer - das Recht in die eigene Hand. Sie foltern den Perversen in einem Keller aufs Übelste. Und es gibt noch mehr Übeltäter, die von der Justiz nicht oder nicht hart genug bestraft wurden…
Das Thema Kindesmissbrauch in einem Amateur-/Underground-/Independentfilm zu verarbeiten ist eine ziemlich mutige Angelegenheit. Olaf Ittenbach hat es gewagt und mit „5 Seasons“ eine Art Episodenfilm vorgelegt, der das schwierige Thema mit dem inzwischen etwas abgeflauten Genre des Folter-/Torture Porn-Films verbindet.
Wer Filme von Olaf Ittenbach kennt weiß, dass er im Grunde keine Tabus kennt, höchstens was expliziten Sex angeht. Natürlich hat er in den notwendigen Szenen, in denen Kinder misshandelt werden die eigentlichen Taten nur angedeutet und die Kinder bei den Dreharbeiten nicht mit derben Details konfrontiert. Stattdessen konzentriert er sich fast vollkommen auf die Selbstjustiz der Eltern an den Verbrechern. Dabei wird an ultragorigen Details nicht gespart und der Film dürfte gute Chancen auf eine Indizierung haben, vermute ich mal – alleine schon aufgrund des Themas Selbstjustiz. Eine FSK-genehme Fassung war nur mit Schnitten von etwa 20 Minuten möglich. Vor dieser sollte man Käufer ausdrücklich warnen, denn ohne die Goreszenen ergibt der Film gar keinen Sinn mehr.
Nicht ganz klar wird, ob der Regisseur nun der Rache an den Kinderschändern positiv oder negativ gegenüber steht. Klar, die Taten der Mörder sind unvorstellbar, grausam und unentschuldbar. Aber die Form, in der sie anschließend verstümmelt, gefoltert und schließlich getötet werden, lässt bei den Folterern immer mehr Gefallen an den Taten erkennen. Ja, als Zuschauer beginnt man, wenn man nicht selber wie die Folterer veranlagt ist, mit den Kinderschändern Mitleid zu haben. Das kann doch auch nicht die Intention von Ittenbach gewesen sein. Er nimmt keinen klaren Standpunkt ein und liefert einfach nur einen weiteren Gorefilm ab, der möglicherweise mit dem expliziten Thema zusätzliche Aufmerksamkeit bekommen soll. Da hilft auch das moralische Ende nichts.
Technisch ist der Film insgesamt gut gemacht, da merkt man dem Macher über 25 Jahre Erfahrung an. Schnitt, Bildkomposition, musikalische Untermalung und natürlich die Gore-Effekte sind einwandfrei. Die Darsteller sind weitgehend auch in Ordnung. Interessant ist, dass, ähnlich wie bei Ittenbachs Klassiker „Premutos“, die Rückblickszenen insgesamt filmisch besser gelungen sind, als die Haupthandlung – sofern man es überhaupt Handlung nennen kann.
Nicht besonders gelungen ist allerdings der Ton. Abgesehen davon, dass die Dialoge oft wie vorgelesen klingen, gibt es auch Lautstärkeschwankungen zwischen anscheinend nachvertonten Szenen und dem Original-Drehton. Das sollte Olaf Ittenbach nach so reichhaltiger Erfahrung als Filmemacher eigentlich nicht mehr passieren. Gerade bei kleinen, independenten Filmen wird hier am falschen Ende gespart. Ein guter Ton kann oftmals eine Menge herausreißen.
Ärgerlich sind einige Dinge, die dem Regisseur eigentlich beim Drehen auffallen müssten. So wird einem Folterer in einer Szene Blut ins Gesicht gespritzt und er macht nicht mal Anstalten sich das Gesicht wenigstens grob mit der Hand abzuwischen. Stattdessen bleibt das Blut die ganzen Folgeszenen im Gesicht. So verhält sich kein Mensch. Und dass ein paar der Frauen die Folterungen in fetischartiger Kleidung vornehmen, lässt tief blicken – sollte das etwa zeigen, dass die Leute Freude an ihrer „Arbeit“ empfinden? Wenn Leute pure Lust an der Gewalt gegenüber anderen Gewalttätern empfinden, versetzt es sie auf dieselbe Ebene.
Als Anklage zum Thema Kindesmissbrauch lässt sich „5 Seasons“ nicht interpretieren, auch, wenn der Film vermutlich genau das sein sollte. Dafür ist die Distanz zu den Taten der Folterer nicht groß genug und der Goregehalt (in der ungeschnittenen Fassung) zu sehr den Wünschen der Splatterfans angepasst. So bleibt nicht mehr als ein weiterer derber Gorefilm von Olaf Ittenbach, der ein ernstes Thema eher benutzt als anklagt – und das ist keine gute Idee. (A.P.)
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