Der Student Walter Gilman, immer knapp bei Kasse, mietet sich in das Dachzimmer in einem schäbigen, rattenverseuchten Haus ein, weil dies das einzige ist, das er sich leisten kann. Er will in Ruhe an seiner Doktorarbeit über die String-Theorie arbeiten, in der es um die Überschneidung verschiedener Dimensionen geht und die Frage, ob es an den Schnittpunkten möglich ist, dieser zu überschreiten. Von Anfang an geschehen in dem Haus merkwürdige Dinge und Walter wird von Alpträumen geplagt. Als er im Nachbarzimmer die junge, alleinerziehende Francis mit ihrem Baby Denny kennenlernt und sich mit ihr anfreundet, ahnt er noch nicht, dass dahinter laut einem religiös verblendeten Hausbewohner ein schrecklicher Plan einer Hexe steckt, was der junge Student natürlich nicht glauben mag. Er wird sein blutrotes Wunder erleben…
Die amerikanische „Masters Of Horror“-Fernsehserie war Mitte der Nuller-Jahre eine echte Sensation unter Horrorfans, weniger wegen der Filme selbst – die oft sehr gut waren -, als aufgrund der Tatsache das viele der größten lebenden Horror-Regisseure hier ihren Beitrag leisteten, und zwar nicht selten in Form besserer Filme, als einige in den Jahren zuvor zustande gebracht hatten. John Carpenter, Dario Argento, Joe Dante und Tobe Hooper sind nur einige von ihnen und natürlich wurde auch Stuart Gordon angeboten, mitzuarbeiten, was dieser sich nicht entgehen ließ. Zumal seine größten Erfolge – natürlich „Re-Animator“ und „From Beyond“ – schon länger zurücklagen und er hier wieder seiner großen Liebe, der Verfilmung von Stoffen von H.P. Lovecraft, fröhnen konnte. Um es vorwegzunehmen: wer „Re-Animator“, „From Beyond“ und „Dagon“ mochte, kann bedenkenlos auch „Dreams In The Witch House“ ansehen, denn Gordon schafft es, die für seine früheren Filme typische Atmosphäre beizubehalten, so dass diese TV-Folge nahtlos in die Reihe seiner Lovecraft-Verfilmungen passt.
Dass er wegen der kurzen Laufzeit von gut 50 Minuten natürlich die komplexe Vorlage des Horror-Autors stark vereinfachen musste, dürfte klar sein, so fallen fast alle Bezüge zum Cthulhu-Zyklus und dem „kosmischen Grauen“ weg, beziehungsweise werden nur oberflächlich angedeutet. Übrig bleibt eine mehr oder weniger typische Geisterhaus-/Hexen-Story, die aber von der Stimmung her durchaus den Geist Lovecrafts atmet und hier und da stilistisch auch etwas an John Carpenters „Die Mächte Des Wahnsinns“ erinnert. Das TV-Format und die überschaubare Zahl an Darstellern lässt immer wieder ein gewisses Kammerspiel-Gefühl aufkommen.
Wie es für Lovecraft üblich ist, schleicht das Grauen langsam, fast unmerklich in die Geschichte hinein, bis der Horror sich blutig Bahn bricht. Tatsächlich gibt es ein paar Szenen, die zwar nicht gorig sind, aber doch verstörend genug (für TV-Verhältnisse), um in Erinnerung zu bleiben. Eine hübsche Nacktszene – die allerdings ziemlich selbstzweckhaft ist – gibt es außerdem, Chelah Horsdal als „Frankie“ mag man gerne ansehen.
Ezra Godden als „Walter“ erinnert vom Spiel her ein wenig an den jungen Bruce Campbell und wie in dessen bekannten „Tanz der Teufel“-Filmen gibt es auch bei „Dreams In The Witch House“ ein paar nette leicht selbstironische Szenen, ohne dass der Film ins Alberne kippen würde. Jay Brazeau als widerlicher Vermieter und Campbell Lane als religiös Besessener liefern ebenfalls gute, wenn auch leicht übertriebene Leistungen ab. Außerdem ist das heruntergekommene, an eine gotische Schlossruine erinnernde Haus im Grunde selbst ein Star des Films.
Lovecraft-Fans finden zudem jede Menge Standards wieder, die Miskatonic Universität, die Stadt Arkham mit ihrem Irrenhaus, das in Menschenhaut gebundene Buch „Necronomicon“ und wie erwähnt, Andeutungen über das „kosmische Grauen“, so dass die richtige Atmosphäre aufkommt und in einem echten Höhepunkt mündet. Lediglich das nicht ganz überzeugend und eher albern wirkende „Haustier“ – mehr sei hier nicht verraten – hätte man vielleicht anders umsetzen können.
Trotzdem ist „Dreams In The Witch House“ für eine Fernsehserienfolge ein absolut überzeugendes Horrorstück, zumindest für das Jahr der Entstehung – mit heute erfolgreichen Serien wie „American Horror Story“ sollte man „Masters Of Horror“ dann auch nicht vergleichen. Vielmehr war die Serie eine Art Wegbereiter für härteren Horror im Fernsehen und die bekannten, weithin anerkannten Regisseure dürften damit viel zu tun haben.
In Deutschland ist „Dreams In The Witch House“ als ungeschnittene DVD bei Splendid Film erschienen. Die Bild- und Tonqualität entspricht dem Standard einer gut produzierten Fernsehserie unserer Zeit und gibt keinen Anlass zum Meckern. Deutscher und englischer Ton sind vorhanden, Untertitel jedoch nicht. Als Bonus gibt es ein paar unkommentierte Behind The Scenes-Eindrücke und eine kurze Biografie über Stuart Gordon auf Texttafeln. Außerdem Trailer zu anderen „Masters Of Horror“-Folgen. (A.P.)
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