Tja, in welchem Land kann man in einer Bank gleich die Waffe kaufen, die man braucht, um selbige auszurauben? Natürlich in den USA. Michael Moore bringt mit dieser Dokumentation die Waffenvernarrtheit der Amis in den Vordergrund, prangert sie an und versucht sie zu erklären. Er vergleicht das Land mit ähnlichen Ländern, wo ebenso viele Waffen unterwegs sind, die Mordrate aber bedeutend niedriger liegt, wie zum Beispiel in Kanada. Moore meint, den Feind in der Angst des Volkes gefunden zu haben. Das Fernsehen und die Politiker machen der Bevölkerung aus den verschiedensten Gründen Angst, um daraus ihren Nutzen zu ziehen. So werden um Beispiel die Vorurteile gegenüber anderen Völkern geschürt, so dass man eine Erhöhung der Ausgaben für die US Army rechtfertigt, da wird Propaganda betrieben und die Fernsehsender tun ihr übriges dazu, das Land darzustellen, als sei es vin Kriminalität nur so durchsetzt. Moore interviewt dazu verschiedene Personen, wie zum Beispiel Charlton Heston, dem Vorsitzenden der National Riffle Association, oder den Chef einer Reality-Gangsterjagd im Fernsehen. Dabei stellt er es so geschickt an, die Leute mit seinen Fragen bloßzustellen, indem sie die dümmsten Antworten abgeben. Einzig intelligent kommt Marylin Manson rüber, der allerdings auch kein Waffennarr ist, sondern Opfer einer üblen Kampagne.
Es ist mir wirklich nicht möglich, alle Kleinigkeiten hier aufzuzählen, ich möchte einfach nur sagen, dass man „BOWLING FOR COLUMBINE“ dringend gucken muss, insbesondere, wenn man sich bislang nicht so sehr mit dem Thema auseinander gesetzt hat.
Nachdem Michael Moore dann seinen Oscar für diesen Film erhielt und als einziger Mensch bei der Verleihung gegen die gewalttätige Politik Bushs und dessen Kriegstreberei gegen den Irak protestierte, ist der Mann in meiner Bewunderung noch mehr gestiegen. Im übrigen hat der Film mir auch ein wenig den Glauben an den Oscar zurückgegeben, denn eine reine Mainstream-Jury hätte diesen sehr kritischen Film sicher nicht vorgeschlagen.
Ich muss es abschließend noch einmal sagen: „BOWLING FOR COLUMBINE“ ist absolute Pflicht für jeden. Das ist nicht nur eine Bitte, sondern ein Befehl. Eine perfekte Mischung aus Komik, Bestürzung und lehrreichem Material. Moore nimmt kein Blatt vor den Mund und das ist auch gut so. (Haiko Herden)
Michael Moore ist das neue Gewissen der amerikanischen Nation. Schon in seinem Buch „Stupid White Men“ hat er seine Stimme gegen George W. Bush und Rassendiskriminierung erhoben. Mit seinem 120minütigen Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“ konzentriert er seine Sozialkritik auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten, die einen Gewaltausbruch wie jenen von Eric Harris und Dylan Klebold in der Columbine Highschool verursacht haben können.
Bevor er aber ein mögliches Motiv für die Tat geben kann - Bowling, was genauso plausibel klingt wie den Amoklauf der vulgär-brutalen Sprache von South Park, den gewaltästhetisierenden Sequenzen von Matrix oder den „anti-familiären“ Lyrics von Marylin Manson zuzuschreiben, beginnt er seine Collage von Werbespots, Cartoons, historischem Bildmaterial und Interviews mit Opfern, Sündenböcken und Verantwortlichen bei seiner eigenen Kindheit. In Michigan, das er als „gun lover’s paradise“ charakterisiert, wuchs er dort auf, wo auch Eric Harris kurzzeitig wohnte und der jetzige Präsident der National Rifle Association, Charlton Heston, seine Kindheit verbrachte. Obwohl Moore aus dieser Zeit noch eine lebenslange Mitgliedskarte der NRA besitzt, hat er sich jetzt der Aufgabe verschrieben herauszufinden, warum Amerikaner stur auf ihrem verfassungsmäßigen Recht beharren eine oder mehrere Waffen zu besitzen.
Dazu besucht er die Miliztruppe aus Michigan, der auch der Oklahoma-Bomber Timothy McVeigh angehörte, spricht mit dem Bruder, der sich nur mit einer 44er unter dem Kopfpolster zur Ruhe legt, seines Komplizen oder erinnert an den skurrilen Fall Unangenehme Fragen, welche die Befragten, darunter auch Charlton Heston selbst, trotz aller Irritation versuchen gewissenhaft zu beantworten, und eine Bilderrevue von befremdlich-witzigen bis zu verstörenden Beiträgen machen diese Dokumentation außergewöhnlich. Unterhaltsam zum einen, insofern die US-Amerikaner als Selbstjustizverfechter getrieben von autosuggestiven Ängsten bloßgestellt werden, zum anderen nachdenklich stimmend, sobald die bisherigen Auswüchse dieser Ängste untermalt von Louis Armstrongs „What a Wonderful World“ zusammengefasst werden: Die kaltblütige Einflussnahme auf Länder der ganzen Welt, das Ermorden demokratisch gewählter Staatsmänner, worauf das Einsetzen USA-freundlicher Diktatormarionetten folgt, das Führen von Kriegen zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil und die verdrängte Unterstützung revolutionärer Gruppierungen, die nun bekämpft werden müssen, weil sie sich gegen ihre ehemaligen Ausbilder und früheren Geldgeber gewandt haben.
Am 20.April 1999 fielen dieser Militarismus und die brisante Waffenvernarrtheit in einem der tragischen Zufälle, die Moore recherchiert hat, zusammen. Im Kosovokrieg wurden an diesem Tag die meisten Bomben abgeworfen. Schaden nahmen trotz proklamierter Minimierung ziviler Verluste ein Krankenhaus und eine Schule. In einer anderen Schule weit davon entfernt kam es an diesem Tag ebenfalls zu Kampfhandlungen. In Littleton, Colorado verschossen die beiden Schüler Klebold & Harris, die kurz vor ihrem Abschluss standen, 900 Magazine, wobei 12 Schüler und 1 Lehrer starben. Die Munition besorgten sie sich ohne Probleme im nächstbesten Wal-Mart, eine Supermarktkette gegen deren Firmenpolitik Michael Moore zusammen mit Opfern von Columbine eindrucksvoll am Ende der Dokumentation vorgeht.
Sein internationaler Vergleich jener Länderzahlen von Menschen, die jährlich durch Schusswaffen umkommen, hat aber auch ohne Moores Nachforschungen Aussagekraft:
Deutschland: 381
Frankreich : 255
Kanada: 165
Großbritannien: 68
Japan: 39
USA: 11 127
Die direkten Folgen von Columbine kann man als Europäer nur als typisch amerikanisch klassifizieren. Eine Schulpolitik der „Zero Tolerance“ hat in wenigstens sieben US-Bundesstaaten zur Suspendierung und sogar Verhaftung von Schülern geführt. Die Gründe: Mitbringen eines Nagelknipsers, einer „Waffe“ also, das Blaufärben der eigenen Haare, Bedrohen eines Lehrers mit einem Hühnerflügel, Tragen traditioneller schottischer Kleidung mit dazugehörigem Messer während des Unterrichts, ...
Vor allem die Medienmacher, die wissen, dass Nachrichten, die vor unmittelbaren Gefahren für ihre Zuseher warnen, besonders hohe Einschaltquoten bringen, macht Michael Moore verantwortlich, dass die Kriminalitätsrate sinkt, die Angst vor Verbrechen aber steigt.
Er findet noch andere Beispiele, die medial erfunden sind: Rasierklingenäpfel zu Halloween, die es nie gab, ein Killerbienenschwarm, der nie in Nordamerika ankam, die Angst der Weißen vor der schwarzen Bevölkerung, ... . Diese gibt Moore der Lächerlichkeit preis und legt ein Muster offen, nachdem alle diese vermeintlichen Schreckensnachrichten zu funktionieren scheinen. Über eine Montage, die Fernsehverhaftungen von Schwarzen zeigt, legt Moore das Brummen besagter Killerbienen und lässt die Fahndungsmeldungen nach flüchtigen, schwarzen Mördern nahtlos in eine Reportage zur Herkunft der gefürchteten „Africanised Killer Bees“ übergleiten.
Moore macht für Außenstehende unsichtbare Vernetzungen sichtbar, z.B. die Verbindung des Waffenfabrikanten Lockheed Martin (mit einem Firmensitz in Littleton) und einer Restaurantkette geführt von dem Prominenten Dick Clark zu der ungerechten Vergabe der staatlichen Sozialhilfe. Begreiflicher wird vieles durch Moores Fähigkeit, das Syndrom und dessen einzelne Symptome zu erkennen, an denen nicht nur das davon befallene Land Nordamerika selbst zu leiden hat. (Markus Grundtner)
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