George A. Romero zählt zweifellos zu den wichtigsten Filmemachern, des modernen Horrorfilms. Ja, mit „Night Of The Living Dead“ hat er vielleicht sogar den Grundstein für die Abwendung vom Hammer-Gothic-Horror zum viel zeitgemäßeren Horror der 70er und 80er Jahre vorgelegt und wurde damit - und mit „Dawn Of The Dead“ - zu einer Ikone. Bis heute hat Romero seine „Dead“-Filme fortgesetzt und ist damit im Gespräch geblieben. Häufig weniger bekannt sind jedoch, manchmal leider, manchmal zum Glück, seine anderen Arbeiten.
Dem Gesamtwerk (bis „Diary Of The Dead“ von 2008) hat sich nun der renommierte Filmjournalist Georg Seeßlen angenommen, der zur Entstehungszeit von „Night Of The Living Dead“ um die 20 war, die gesamte Karriere des Regisseur also mehr oder weniger zeitnah verfolgen konnte. Auf rund 370 Seiten als schlicht gestaltetes Hardcover mit Schutzumschlag beleuchtet Seeßlen alle Filme und natürlich auch Biographisches und Hintergründiges. Natürlich wird den „Dead“-Filmen viel Raum zugestanden, sind sie doch zumindest bis „Day Of The Dead“ gleichzeitig Klassiker des Horrorgenres als auch Wegbereiter für zahlreiche Epigonen. Vieles darüber hat man auch schon woanders gelesen. Interessanter sind hingegen ausführliche Artikel zu anderen zentralen Filmen von Romero wie „The Crazies“, „Martin“, „Monkey Shines“, „The Dark Half“ und „Bruiser“. Und auch alle weiteren Arbeiten („Creepshow 1 + 2“, Knightriders“ und einige mehr) werden mehr oder weniger ausführlich vorgestellt. Das macht der Autor sehr kompetent und nachvollziehbar und in einem gut zu lesenden Schreibstil, der nicht allzu akademisch und wissenschaftlich ist. Er arbeitet heraus, dass der Filmemacher in fast allen Werke offensichtlich, oder auch mal versteckt, gesellschaftskritische Aspekte anspricht, von Medien über Rassismus bis Kapitalismus. George A. Romero erscheint so als eher links-liberaler, manchmal fast sozialistischer Regisseur. Auch wird klar, dass er oft mit arg beschränkten finanziellen Mitteln und dem ständigen Kampf mit den Vorgaben/Eingriffen der Produzenten eigenständige und sehenswerte Filme geschaffen hat. Leider gibt es keine Originaltöne, das heißt Seeßlen wollte oder konnte Romero nicht direkt zu seinem Gesamtwerk interviewen. So werden Sekundärquellen und Interviews herangezogen und natürlich die eigene Analyse. Die ist allerdings nachvollziehbar, konsequent und dürfte die Ambitionen Romeros weitgehend richtig zu erkennen. Eine „offizielle“ Biographie ist dies also keinesfalls, eher ein Buch über Romero, das informativ, sehr sachlich, aber auch unterhaltsam ist.
Nach dem biographischen und den filmischen Teil folgen noch längere Essays über den Zombiefilm im allgemeinen – angefangen bei „White Zombie“ – was aber natürlich eher der deutschen/europäischen Sicht entspricht, denn Romero benutzt den begriff „Zombie“ gar nicht. Dass „Dawn Of The Dead“ aber natürlich eine bis heute anhaltende auf- und abwogende Welle von Filmen über Untote ausgelöst hat, kann natürlich niemand bezweifeln. Dass das aber mit dem ursprünglichen „Zombie“-Begriff nichts mehr zu tun hat, sollte ebenso klar sein. Romero selbst wird es mit einem Lächeln registrieren. Schließlich gibt es noch eine längere Passage über den filmischen Stil des Regisseurs, die mit der sehr klaren und ebenso wahren Kernaussage „Einen Romero-Film erkennt man sehr schnell“ beginnt. Schließlich gibt es noch eine Filmographie mit den wichtigsten Stabangaben und eine Literaturliste zum Thema.
Das ultimative Werk über George A. Romero hat Seeßlen sicher nicht geschaffen, aber Grundlegendes, um über den Mann mitreden zu können, gibt es hier allemal. Vor allem, weil das Buch leicht zu lesen ist und sich weitgehend auf Fakten und nachvollziehbare Interpretationen beschränkt. Was allerdings schmerzlich fehlt, ist ein Bildteil. So hat man es mit fast 400 Seiten „Bleiwüste“ zu tun, beim Thema Film eigentlich unverzeihlich.
Trotzdem: empfehlenswert! (A.P.)
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