Uwe Boll hatte sich einige Jahre zuvor aus dem Filmgeschäft zurückgezogen, weil er darin keine Zukunft mehr sah. Fortan führte er ein Restaurant in den USA. Zwischendurch meldete er sich immer mal wieder via Social Media zu Wort und äußerste sich negativ über Corona-Impfgegner, aber auch über die Politik. Und erst recht war er sauer über die, wie er meint, schlechte Aufarbeitung des Amoklaufs von Hanau im Februar 2020, bei welchem neun Menschen ermordet wurden. Diese Wut hat ihn offenbar dazu bewogen, wieder einen Film zu drehen, der schlicht "HANAU" betitelt ist und viele Menschen bereits im Vorfeld auf die Palme brachte. Freilich ohne dass irgendwer diesen Film zu dem Zeitpunkt gesehen hatte. Ich möchte wetten, dass die Stimmen der Kritiker nach Sichtung des Werkes noch lauter werden dürften. Ich nehme es Uwe Boll durchaus ab, dass er sich politisch anklagend äußern will, direkt und schonungslos. Jedoch über die Aufarbeitung verliert Boll so gut wie kein Wort, nicht einmal, als er zum Ende des Filmes die Tatorte besucht, was ein bisschen plump wirkt, um die kurze Laufzeit noch etwas zu strecken. Und dass der Polizeinotruf nicht besetzt war, beklagte er im Vorfeld zwar lautstark, das fand im Film jedoch nur am Rande statt. Anklage sieht anders aus, finde ich. Und zudem strahlt der Filme eine extrem billige Atmosphäre aus, der Look ist nüchtern, regelrecht fad. Etwas rätselhaft, gar uninspiriert, wirken auch zum Ende hin die zusammengewürfelten Ausschnitte von Donald Trump, Björn Höcke, Anders Breivick und Attila Hildmann. Was ist hier die Aussage? Wollte er einfach andere Irre präsentieren?
Der Film nimmt sich anfangs viel Zeit, den Attentäter vorzustellen, indem man ihn zeigt, wie er sein Manifest schreibt und daraus rezitiert. Glorifiziert wird der Mann, der von einem Boll-Stammschauspieler namens Steffen Mennekes dargestellt wird, dadurch keineswegs, vielmehr wird er als verblendetes Würstchen ohne Freunde und Partner gezeigt, niemand, dem irgendwer zujubeln würde, eine Person, die keine Nachahmer inspirieren dürfte. Eine Figur, die sich in wirren Phantasien suhlt, die glaubt, dass Politiker beispielsweise in den USA just ihre Pläne aufgreifen und sie derzeit umsetzen. Ich jedenfalls würde nicht behaupten, dass Boll den Film ausschließlich aus Provokation gedreht hat, um schnell viel Geld zu verdienen, ich nehme ihm sein Ansinnen ab, jedoch fehlt ein wenig das Feingefühl. Zum Einen, sich mit den Hinterbliebenen der Opfer im Vorfeld zu unterhalten, zum anderen, dass Ganze nicht so exploitationhaft billig aussehen zu lassen. Als sei der Film schnell hingerotzt worden. (Haiko Herden)
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