Maritim ist immer experimentierfreudig und versucht sich an allerlei neuen Hörspielserien, die sich mal an klassischen Krimithemen wie „Edgar Wallace“, „Miss Marple“, „Hercule Poirot“ und natürlich „Sherlock Holmes“ orientieren und oft auch an modernen Thrillerthemen im Stile von „C.S.I.“ oder „Akte X“ in Serien wie „Dark Traces“, „NYPDead“ oder „Top Secret“. Vielseitigkeit und Ausprobieren lohnt sich immer und auch, wenn nicht jede neue Produktion ein absoluter Treffer ist, so findet das bunt gemischte Hörspielpublikum doch immer wieder die eine oder andere neue Lieblingsserie.
Mit „S.I. – Synthetic Intelligence“ versucht sich das Label nun an einer Serie, die deutlich vom Film „Matrix“ beeinflusst ist und dabei auch noch den einen oder anderen „Gabriel Burns“-Anklang einbaut. Das beginnt schon beim Cover der ersten Folge.
Düsternis ist hier der Oberbegriff und der Hörer wird verwirrt, was nun Realität und was „Traum“ ist.
Mit Sprechern, die man noch nicht unbedingt in Tausend anderen Produktionen gehört hat, die aber durchweg solide Arbeit abliefern und mitreißender Musik, allerdings etwas zu zurückhaltenden Geräuscheffekten, wird eine einwandfreie Produktion abgeliefert, die stilistisch zwischen Nostalgie und Moderne einzuordnen ist, anders gesagt, es klingt wie eine alte Radioproduktion, die mit heutigen Mitteln umgesetzt wurde. Spannend also allemal, wenn auch kaum Mainstream, aber vielleicht, und hoffentlich, findet diese neue Serie eine treue Hörerschaft, die die Serie am Leben erhalten kann.
Folge 01 – PHASE 01 – DER ANFANG – CD – 2009 – Maritim/VGH Audiobooks – ISBN 978-3-86714-234-2
Elliot Meister, ein Verlierertyp, wie er im Buche steht, gerät nach einem Verkehrsunfall, der durch eine mysteriöse Anhalterin ausgelöst wird, in unheimliche Ereignisse. Er hat in seinen Träumen, (sind es Träume?), Begegnungen mit Leuten, die ihm entweder mitteilen, dass er etwas Besonderes ist, oder ihn bedrohen und bekämpfen wollen. Als er wegen Mordes festgenommen wird, beginnt Elliot an seinem Verstand zu zweifeln. Es wird immer unklarer, was Realität ist…
Das Hörspiel beginnt mit dem deprimierenden Satz „Ich weiß, dass ich ein Verlierer bin“, gefolgt von weiteren düsteren Worten, die auch als Covertext verwendet werden. Das ganze Hörspiel hindurch weiß man auch als Hörer kaum, was hier wirklich passiert. Wie schon im Einleitungstext beschrieben, bekommt der Hörer hier eine Mischung aus „Matrix“ und „Gabriel Burns“ geboten. Man muss schon sehr genau zuhören, um nichts zu verpassen, zum nebenbei hören ist zumindest diese erste Folge nicht geeignet. Es ist eben keine seichte Unterhaltung, sondern der Versuch, auf dem Hörspielmarkt etwas bis jetzt noch nicht gehörtes zu etablieren.
Ob die Geschichte für eine komplette Serie taugt oder einfach nur als Mehrteiler mit klarem Ende wird sich zeigen. Es bleibt zu hoffen, dass man sich nicht so sehr verzettelt, wie „Akte X“ oder „Gabriel Burns“, wo immer neue Fragen aufgeworfen werden, ohne die bisherigen Rätsel befriedigend zu lösen, bis selbst die Autoren nicht mehr wissen, wie es sinnvoll weitergehen könnte. Die, aus meiner Sicht, ziemlich ideale Hörspiel-Laufzeit von rund 53 Minuten sorgt dafür, dass keine Längen aufkommen und durchweg ein ordentliches Tempo herauskommt.
Allemal ein mutiger Beginn, der gespannt auf die Fortsetzung macht.
Folge 02 – PHASE 02 – DAS NEUE LEBEN – CD – 2009 – Maritim/VGH Audiobooks – ISBN 978-3-86714-235-9
Elliot Meister gerät immer mehr in Ereignisse, die in verwirren. Er weiß kaum noch, wer er selbst ist und wird zwischen Mächten, die ihn für eine Art Messias halten und deren Gegnern, die ihn als Gefahr für ihre unheimlichen Ziele sehen, hin- und her gerissen. Er muss seinen eigenen Weg finden und dazu erst einmal begreifen, was um ihn herum und mit ihm überhaupt geschieht…
Ohne Umschweife geht es in Folge 2 weiter. Die mysteriöse Geschichte um Elliot Meister wird fortgesetzt, so dass eigentlich alles, was für Folge 1 gilt, auch hier seine Richtigkeit hat. Klar, die beiden Folgen dürften auch in einem Zug produziert worden sein. Der Hörer wird weiterhin weitgehend im Dunkeln gelassen, was in dieser neuen Serie eigentlich passiert. Man wird sozusagen aufgefordert, seine eigene Fantasie spielen zu lassen, was die Neugier auf die Fortsetzung nur steigert. Wovon die Hörspiele beeinflusst sind, ist klar, „Matrix“, „Gabriel Burns“ und „Akte X“. Ja, vielleicht sogar ein bisschen E.T.A. Hoffmann und H.P. Lovecraft, natürlich modernisiert, so dass ein gewisses Gothic-Flair aufkommt. Zugegeben, diese Interpretation ist sicher relativ weit hergeholt, aber das ist nun mal mein Empfinden.
Ich will auf jeden Fall wissen, wie es weitergeht.
Folge 03 – PHASE 03 – GEHEIM – CD – 2009 – Maritim/VGH Audiobooks – ISBN 978-3-86714-250-2
Elliot Meister ist glücklich verheiratet, hat zwei fast erwachsene Töchter und ist Mitinhaber einer erfolgreichen Anwaltskanzlei. Sein Freund und Geschäftspartner bittet ihn um Unterstützung in einem Fall, weil Elliot mal etwas mit der zuständigen Richterin hatte. Meister ist verwirrt, denn er findet sich selber in seiner scheinbar so realen Welt nicht mehr zurecht. Verhalten sich alle anderen merkwürdig oder ist er selbst der Fehler in dieser Realität? Wer sind Katrin und Der Taucher und was ist „die andere Seite“? Bevor Meister mehr herausfinden kann, steht er schon an der Schwelle des Todes…
Der Anfang dieser Folge ist erstmal verwirrend. Elliot Meister befindet sich plötzlich in einer ganz anderen Situation als zuvor, was ihn ziemlich schnell genauso verwirrt, wie den Hörer. Ganz klar, was wirklich Realität ist und was nicht, wird in dieser Serie nur sehr langsam klar und endgültige Antworten erhält man in dieser Folge natürlich auch nicht. Es baut sich ein Gespinst aus Fragen auf, was bisher auch noch ganz okay ist. Bald sollte man aber mal damit anfangen, die Fragen zu beantworten und das immer undurchdringlicher werdende Knäuel zu entwirren, sonst passiert das gleiche, wie bei „Gabriel Burns“ und „Akte X“ und der Hörer verliert das Interesse.
Die kleine Sprecherschar leistet hier gute Arbeit und wie gehabt überzeugt vor allem die Musikauswahl. Die kurze Laufzeit von 43 Minuten sorgt für hohes Tempo und hält den Hörer noch problemlos bei der Stange. Kleine Regiefehler (heißt es nun „Hamburger Tageblatt“ oder „Hamburger Tagesblatt“) sind allerdings etwas ärgerlich.
Folge 04 – PHASE 04 – VERSCHOLLEN – CD – 2010 – Maritim/VGH Audiobooks – ISBN 978-3-86714-251-9
Elliot Meister ist Angestellter einer Internet-Firma, oder doch nicht? Meister ist sich selbst nicht mehr sicher, wie sein wahres Leben aussieht und als der geheimnisvolle Lucatos mit ihm in Verbindung tritt und seltsame Andeutungen macht, gerät er vollends zwischen die verschiedenen Realitäten. Das Verwirrspiel ist komplett. Wem kann Elliot Meister noch vertrauen, sobald er zu sich selbst gefunden hat?
Konsequent undurchschaubar wird die Handlung fortgesetzt. Meister und auch der Hörer wissen endgültig nicht mehr, worum es hier eigentlich geht, wer die Guten und wer die Bösen sind und wer eigentlich welche Ziele verfolgt. Meister wird immer mehr zum Spielball solange er seine bevorstehende Aufgabe selbst nicht kennt. Ansonsten steht diesmal über weite Strecken Meisters Frau Lilly im Mittelpunkt der Handlung, was für erfreuliche Abwechslung sorgt. Es wird Zeit, dass in der nächsten Folge ein paar Antworten gegeben werden. Oder weiß der Autor selber nicht, wohin er will? Die Frage ist auch, ob die Serie auf eine bestimmte Anzahl mit abgeschlossener Geschichte konzipiert ist, oder ob es eine Endlosserie werden soll. Letzteres stelle ich mir relativ kompliziert vor, wenn nicht langsam ein roter Faden etabliert wird.
Spannend und temporeich bleibt es aber auch hier wieder, die Spielzeit von unter 50 Minuten hat sich eingependelt und das ist auch gut so.
Folge 05 – PHASE 05 – VERLOREN – CD – 2010 – Maritim/VGH Audiobooks – ISBN 978-3-86714-282-3
Elliot Meister ist inzwischen fast eine Art Reisender zwischen den Realitäten und sogar Zeiten geworden. Er trifft seinen längst verstorbenen Vater wieder, bekommt es mit den „Unholden“ zu tun und versucht weiterhin seine Bestimmung zu erfahren. Tatsächlich wird das Bild langsam klarer…
Ein kleiner Einschnitt in der Serie. Das wird einerseits dadurch deutlich, dass einige bisherige Hauptfiguren nicht dabei sind und neue Figuren auftauchen und andererseits bekommt der Hörer tatsächlich einige Antworten, ohne, dass das bisherige Wirrwarr allerdings richtig aufgelöst wird. Der Weg ist aber richtig und vielleicht schafft die Serie es jetzt endlich, diesen konsequent zu beschreiten. Mystery ist schön und gut, aber nur Verwirrung und Atmosphäre zu kreieren trägt eine Hörspielserie nicht auf Dauer, wenn die Handlung nicht nachvollziehbar ist. Warten wir also mal gespannt ab, ob und wie es weiter geht in den verschiedenen Realitäten des Elliot Meister. Natürlich bewegt sich das Produktionsniveau auf dem gewohnten Level. Lediglich die Entscheidung, die Rolle des Elliot Meister als Kind auch von Florian Halm (wie den erwachsenen Elliot) sprechen zu lassen, ist wohl voll in die Hose gegangen. Sollten hier etwa Kostengründe eine Rolle gespielt haben oder war wirklich kein einigermaßen talentiertes Kind aufzutreiben? (A.P.)
Buch: James Owen
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