Was kommt heraus, wenn man die erfolgreichen Dan Brown Romane „Sakrileg“, „Illuminati“ und „Das verlorene Symbol“ mit den „Pater Brown“-Hörspielen von Maritim, der Serie „Offenbarung 23“ und dem Roman/Film „Der Name Der Rose“ zusammenrührt? Genau, Maritims neue Mystery-Krimiserie „Insignium – Im Zeichen Des Kreuzes“!
Die Zutaten sind schnell erkannt und man kann gespannt abwarten, ob die Serie einschlagen wird. Die Chancen stehen im Banne des „Das verlorene Symbol“-Hypes sicher nicht schlecht, zumal bei der Produktion absolut geklotzt wird.
Eine Sprecherbesetzung vom feinsten, kraftvolle Musikeinsätze, fette Produktion und die passende Geräuschkulisse machen das Zuhören schon mal auf „technischer“ Ebene zu einem Erlebnis. Ob der Titelsong der Band Nightwish einem gefällt, ist natürlich Geschmackssache. Ich kann mit dieser Art Bands, die seit den 90er Jahren Metal mit Pop kreuzen und dann denken, das sei nun Gothic-Rock nichts anfangen.
Die Handlung, von Marc Chainiaux und Ascan von Bargen erdacht und geschrieben, ist jedenfalls solide und spannend und auch unterhaltsam, so dass man der Reihe eine Chance und eine gewisse Anzahl an Folgen zum wachsen geben sollte. Immerhin ist es lobenswert von Maritim, dass man sich immer mal wieder an neue Dinge heranwagt, die man im Hörspielbereich noch nicht so oft gehört hat.
Folge 01 – KEUSCHE HURE – CD – Maritim – 2010 – ISBN 978-3-86714-264-9
Im Vatikan wird der kriminalerfahrene Pater Sante Della Vigna der Glaubenskongregation zugeordnet, was nicht jedem gefällt, denn der Pater ist jung und scheinbar unerfahren. Vor allem Kardinal Saviero Capani ist misstrauisch und stellt dem Neuen einen Aufpasser zur Seite. Della Vignas Aufgabe ist es, als päpstlicher Sonderermittler ungewöhnliche Kriminalfälle und sonstige seltsame Begebenheiten im Umfeld der katholischen Kirche aufzuklären und schnell steckt er mitten in seinem ersten Fall. Ein Offizier der Schweizergarde und seine Frau wurden umgebracht. Als sich ein weiterer Schweizergardist selbst umbringt, gerät der Pater in einen gefährlichen Fall, der eine Verschwörung ans Tageslicht bringt und Della Vigna in tödliche Gefahr…
Abgesehen davon, dass es bei Maritim vor allem in Eröffnungsfolgen oftmals zu gewissen Überlängen kommt, so auch hier, ist „Keusche Hure“ eine solide Folge, in der man die Hauptfiguren kennen lernt und spannend unterhalten wird. Dass ein katholischer Pater auch hin und wieder eher unkeusche Gedanken hat und recht modern und offen denkt, lockert die Geschichte auf und sorgt natürlich für einige Konfliktpunkte mit den alten, verbohrten Köpfen im Vatikan. Humor wird zwar nicht in den Vordergrund gerückt, aber hier und da schmunzelt man schon ein bisschen, ohne, dass die eigentliche Krimihandlung gestört wird.
Folge 02 – 33 TAGE WEIßES LICHT – CD – Maritim – 2010 – ISBN 978-3-86714-265-6
1978 stirbt Papst Johannes Paul I. nach nur 33 Tagen im Amt und es wurde nie endgültig aufgeklärt, was damals wirklich geschehen ist. Der päpstliche Sonderermittler Sante Della Vigna erhält den Auftrag, Licht in das Dunkel zu bringen. Natürlich wollen bestimmte mächtige Kardinäle dies zu verhindern und Della Vigna gerät wieder einmal in Lebensgefahr, als er auf die Spuren einer Verschwörung trifft…
Der reale Fall des 33-Tage-Papstes wird hier als Basis für eine interessante Verschwörungsgeschichte genutzt. Auch in Wirklichkeit spinnen sich verschiedene Verschwörungstheorien um den Tod des obersten Katholiken. Hier werden also Realität und Fiktion geschickt miteinander verknüpft und so kommt wieder ein recht gelungenes Hörspiel zustande. Interessanterweise wird die katholische Kirche insgesamt wieder als ziemlich durchtrieben, verschwörerisch und korrupt dargestellt, abgesehen vom grundguten Sante Della Vigna natürlich. Ganz nebenbei erfährt man auch noch so einiges über katholische Rituale, ich gehe zumindest mal davon aus, dass es sich nicht um ausgedachte Dinge handelt, sondern diese von den Autoren recherchiert sind, wenn auch wahrscheinlich nur auf Wikipedia-Niveau.
Erfreulicherweise hat man die Spielzeit etwas reduziert und in den rund 53 Minuten kommt keine Langeweile auf. So darf es gerne weitergehen, für meinen Geschmack ruhig auch mal etwas düsterer als bisher.
Folge 03 – DAS SCHWARZE REICH – CD – Maritim – 2010 – ISBN 978-3-86714-273-1
Der päpstliche Sonderermittler Pater Sante Della Vigna erhält den Auftrag, den Tod eines Geistlichen zu Zeiten des Dritten Reiches zu untersuchen. Für diesen scheinbaren Routineauftrag reist Della Vigna nach Deutschland und stößt auf Geheimnisse, die die katholische Kirche nachhaltig in ein finsteres Licht Rücken könnten. Dabei gerät er selber in tödliche Gefahr, als er eine Verbindung einer mächtigen Reliquie zu dem Treiben der Nazis auf der Wewelsburg entdeckt…
Ein mutiges Thema, das Chainiaux und von Bargen hier anpacken. Die Verwicklung der katholischen Kirche mit dem Dritten Reich, das Ganze verquickt mit der Legende vom „Speer des Longinus“, einer der wahrscheinlich mysteriösesten Reliquien des Christentums.
Nun, geschichtliche Korrektheit wird bei der Storyentwicklung nicht die größte Rolle gespielt haben, eher fühlt man sich an exploitative Filme der 70er Jahre wie „Ilsa – She Wolf Of The SS“ erinnert, also spekulativer Trash in Reinform. Das ist sicherlich vom Thema her Geschmackssache, umso lobenswerter ist es aber, dass man bei Maritim auch solche Themen mal anpackt. Dabei erhält man aber trotzdem noch einige geschichtliche und christliche Hintergrundinformationen, allerdings nur auf Wikipedia-Niveau, aber immerhin. Schön ist es dabei auch, dass bekannte Sprecher wie die sonst herzensgute „Captain Janeway“ Gertie Honeck oder Andreas von der Meden hier mal so richtig fiese Klischeenazis spielen. Das hat ihnen sicher zur Abwechslung mal Spaß gemacht. Auch bei der sonstigen Besetzung wird natürlich wie gewohnt geklotzt, auch wenn es sich inzwischen fast um eine Maritim-Standardbesetzung handelt. Aber einen Helmut Krauss hört man beispielsweise ja immer gerne zu. Gelungen ist der Wechsel der Zeitebenen umgesetzt, was durch fette Musik- und Geräuschuntermalung sehr gut unterstützt wird.
Wie von mir bei Folge 2 gewünscht, wird es hier etwas düsterer als zuvor (aber sicher nicht WEGEN meines Wunsches) und die Mischung aus zeitgemäßem Kirchen-Thriller und klassischem „Pater Brown“-Krimi bleibt gelungen.
Folge 04 - DIE MADONNA VON FÁTIMA – CD – Maritim/Winterzeit – 2016 – ISBN 978-3-60660-11-8
Padre Sante della Vignia wird vom Vatikan in den Kongo geschickt, wo er den Mord an einer Missionsschwester untersuchen soll. Im Verdacht steht der mächtige und brutale Warlord Madingou. Della Vignia gerät schon bald in die Gewalt eine aufständischen Rebellengruppe, der er aber entkommen kann. Doch schon kurz danach wird er von der mysteriösen Shirat angegriffen, die selber Madingou jagt. Der vatikanische Ermittler schafft es schließlich, Madingou mit nach Rom zu nehmen, wodurch eine Verschwörung ans Tageslicht kommt, die buchstäblich unglaublich erscheint. Was haben die Ereignisse mit dem Mordanschlag auf den ehemaligen Papst Johannes Paul II. zu tun?
Lange hat es gedauert, genauer gesagt sechs Jahre, dass nach den ersten drei Folgen von „Insignium“ eine Fortsetzung der Serie produziert wurde. Das hat vermutlich mit dem damaligen „Zusammenbruch“ des Labels Maritim zu tun. Damals wurden alle laufenden Serien plötzlich abgebrochen und eine ganze Weile hörte man nichts mehr von dem Label, bis der Name weitergegeben wurde und langsam alte Hörspiele und auch einige neue wieder verfügbar gemacht wurden. 2016 gab man der Serie eine neue Chance, teilweise mit neuem Team hinter den Reglern, aber der alten sehr namhaften Sprecherschar. Wer hört nicht gerne Altmeister wie Helmut Krauss, Bernd Vollbrecht und Dietmar Wunder? Auch in den Gastrollen sind durchweg Vollprofis am Werk. Das Ganze wurde ein bisschen modernisiert, was klangliche Umsetzung und Tempo angeht und so brauchen sich die neuen Folgen in der heutigen Zeit nicht verstecken. Natürlich geht es thematisch weiterhin um eine Mischung aus Vatikan-Thriller und Ermittler-Krimi, aber jetzt doch deutlich actionreicher und nicht mehr so „Pater Braun“-mäßig, wie zuvor. Und fast selbstverständlich gibt es wieder eine Verschwörung, die fiktive Ideen mit realen Ereignissen vermischt, was allerdings bei weitem nicht so sehr ausgereizt wird, wie bei „Offenbarung 23“. Die Handlung ist etwas wirr, aber durchaus interessant. Das Artwork hat man ebenfalls einer Auffrischung unterzogen. Auffällig sind relativ lange musikalische Parts zwischen den einzelnen Szenen, was der Serie eine recht eigenständige Atmosphäre gibt.
Folge 05 – DIE BRÜCKE DER SCHWARZEN MÖNCHE – CD – Maritim/Winterzeit – 2016 – ISBN 978-3-60660-12-5
Nachdem die Journalistin Denise Moran ein Interview in einem schicken Restaurant in London mit dem Bankier Vincenzo Balvi, der Verbindungen zum Vatikan unterhält, geführt hat, wird dieser tot aufgefunden. Scheinbar Selbstmord, doch das wird nie endgültig geklärt. Aufgrund Balvis Arbeit für die Vatikan-Bank wird der kirchliche Ermittler Sante della Vigna zusammen mit Shirat nach London geschickt, da die Umstände auf einen Mord durch eine geheime Loge schließen lassen. Wurde Balvi ausgeschaltet, weil er Wissen über eine Verschwörung hatte oder stecken kriminelle Motive durch die Mafia dahinter? Schnell müssen Sante und Shirat erkennen, dass sie in ein Wespennest gestochen haben und selber in Lebensgefahr sind...
Mit dieser fünften Folge endete die Wiederbelebung der „Insignium“-Serien leider schon wieder und dürfte das endgültige Ende der Reihe bedeuten. Die Verkäufe waren wohl einfach nicht ausreichend, um eine Kirchen-Krimi-Serie dauerhaft zu etablieren. Wäre die Reihe zur Hoch-Zeit der Dan Brown-Thriller um den Symbologen „Robert Langdon“ erschienen, also Anfnag bis Mitte der Nuller Jahre, als auch das Thema Hörspiel auf einem Höhepunkt war, wäre der Erfolg vermutlich größer gewesen. Schade, mir hat das Konzept gut gefallen. Wie gewohnt, muss der Vatikan-Ermittler Sante della Vigna einer Verschwörung nachgehen und gerät dabei selbst in Gefahr. Diesmal ist es wieder eher krimimäßig, der Anfang erinnert ein bisschen an „Sherlock Holmes“ oder ähnliche Krimis. Kombiniert mit ein bisschen Sex, Action und Abenteuer, untermalt von guter Musik und dezentem Geräuscheinsatz wird in knapp unter einer Stunde Laufzeit wieder ein solides Hörspiel präsentiert. Etwas übertrieben werden vielleicht in langen Dialogen zu sehr kirchliche Hintergründe und Begriffe erklärt, was hier und da ein bisschen bemüht rüberkommt. Die Figur des Vincenzo Balvi beruht natürlich auf den realen Roberto Calvi, der „Bankier Gottes“ genannt wurde und Anfang der 80er Jahre auf mysteriöse Weise ums Leben kam. Produktionstechnisch hat sich zur vorhergehenden Folge wenig geändert, da sicher beide in einem Zuge aufgenommen wurden. (A.P.)
Buch: Marc Chainiaux, Ascan von Bargen
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