Als irgendwann 2018 oder 2019 von EUROPA angekündigt wurde, dass man eine neue Grusel-Hörspiel-Serie in der Tradition der alten H.G.Francis-Gruselserie der 80er Jahre starten würde, war die Reaktion unter Hörspielfans gemischt von euphorisch bis skeptisch. Offenbar ist man sich im Hause Sony doch des Kultfaktors der alten Serie bewusst geworden und man wollte „das Erbe“ nicht erfolgreichen Reihen wie „DreamLand Grusel“, den alten „Psi-Akten“ oder dem kurzlebigen Versuch von „Studio Hörsturz“ überlassen. Ganz im Trend der Zeit, würde es neben CDs und Streaming/Downloads auch Vinyl-Ausgaben geben.
Bei der Optik hat man sich für neongelb und neonblau entschieden, die Covermotive sind im Gegensatz zu den alten, die oft von Filmen inspiriert waren, etwas naive, leicht plumpe Szenen aus der jeweiligen Story. Sicher Geschmackssache, aber keinesfalls schlecht. Ein neues Logo und Schriftzug wurde auch kreiert, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen.
Bei den Storys setzt man auf Original-Ideen von André Minninger, statt auf Film- oder Romanklassiker. Leider sind diese teilweise arg abstrus und wenig gruselig. Irgendwie erinnert mich das häufig mehr an die „Meteor-Horror-Serie“ der Nuller Jahre als an die eigenen EUROPA-Klassiker...das heißt: ziemlich trashige Storys und entsprechende Umsetzungen. In den meisten Folgen wird die Geschichte sehr stark über die Dialoge transportiert und weniger über Action/Geräusche/Atmosphäre. Produktionstechnisch ist das natürlich alles okay, das darf man von Hörspiel-Legende Heikedine Körting in der Regie auch nicht anders erwarten. Aber es kommt sehr selten das nostalgische Gefühl der Vorbilder auf, noch orientiert man sich an der weitaus actionreicheren Produktionsweise moderner Serien. Man steckt zwischen den Stühlen fest. Ich mag es gar nicht sagen, aber vielleicht ist es für Frau Körting an der Zeit, den Staffelstab an jemand jüngeres zu übergeben. Ich meine das überhaupt nicht despektierlich, ihr Gesamtwerk ist epochal, aber ob sie, stark auf die 80 zugehend, noch die aktuellen Trends bei Hörspiel-Fans einschätzen kann oder halt doch ein bisschen in einer „habe ich schon immer so gemacht“-Einstellung festsitzt?
Ein großes Plus sind natürlich die zahlreichen berühmten Sprecher, von denen so einige auch schon Anfang der 80er dabei waren. Natürlich ist es schön, legendäre Stimmen wie Reinhilt Schneider, Lutz Mackensy oder Hans-Peter Korff wiederzuhören, aber es muss auch klar gesagt werden, dass diese eben auch fast 40 Jahre älter geworden sind und entsprechend nicht mehr in „jugendlichen“ Hauptrollen eingesetzt werden können, beziehungsweise sollten.
Was hier jetzt ziemlich negativ klingt, ist gar nicht so gemeint. Im Grunde war nur die Idee, die alten Hörspiel-Zeiten wiederzuerwecken von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Vielleicht hätte man das Ganze nicht so offensiv als Fortführung der Klassiker bewerben sollen,sondern als „neue“ Reihe. Grundsätzlich leichte Zwischendurch-Unterhaltung ist die „EUROPA-Grusel-Serie“ allemal, und wenn man die erwähnte „Meteor-Horror-Serie“ mag, macht man hier auch nicht viel falsch.
Folge 01 - POLTERABEND - NACHT DES ENTSETZENS - CD - 2019
Gudrun und Gerhard wollen mit einigen Freunden fröhlich ihren Polterabend feiern. Doch schon bald geschehen merkwürdige Dinge, die sich immer weiter steigern, bis es sogar Verletzte gibt. Ein rachsüchtiger Poltergeist aus der Vergangenheit scheint die Hochzeit auf jeden Fall verhindern zu wollen...
Ob eine sehr redselige Geistergeschichte an einem Polterabend als Auftakt zur neuen „Grusel-Serie“ die beste Story-Wahl war, darf man getrost bezweifeln, denn abgesehen von der sehr vorhersehbaren Geschichte, wird es weder besonders gruselig noch actionreich. Stattdessen wird unheimlich viel gequatscht. Ständig wird die Situation in Gesprächen beschrieben, damit der Hörer versteht, was gerade passiert. Ein Hörspiel, das nicht vor allem über die Geräusche und Atmosphäre funktioniert, funktioniert leider gar nicht. Hier wäre der Einsatz eines Erzählers sicher sinnvoller gewesen, aber das fand man bei EUROPA wohl zu altmodisch. Und so zeigt sich schon bei dieser ersten Folge eines der Probleme der Reihe....man kann sich nicht entscheiden, ob man nostalgisch oder modern sein möchte und man möchte unbedingt originäre Geschichten erzählen, die aber halt eher bieder sind und nicht so „anders“, wie sie von den Themen her sein möchten. Immerhin ist die Besetzung ein echter Coup und voller echter Größen der Hörspiel-Geschichte.
Folge 02 - YETI - KREATUR AUS DEM HIMALAYA - CD - 2019
Nachdem das Foto einer mysteriösen Kreatur aus dem Himalaya auftaucht, wird ein fünfköpfiges Forschungsteam losgeschickt, um der Sache nachzugehen und vielleicht den legendären „Yeti“ zu entdecken, eine riesenhafte, affenartige Sagengestalt. Beauftragt wurde die Expedition von einer britischen Tageszeitung, die sich natürlich eine Sensation erhofft. Obwohl alle Teilnehmer eher skeptisch sind, wirklich etwas ungewöhnliches zu entdecken, müssen sie bald einsehen, dass die lebendige Rückkehr von der Expedition alles andere als sicher ist...
Nach der eher mittelmäßigen Poltergeist-Folge als Start versprach Folge 2 mit dem „Yeti“ als Monster schon deutlich mehr klassisches Gruselserien-Feeling. Zumal diese kryptozoologische Sagengestalt in Hörspielen bisher noch nicht oder zumindest nur selten aufgetaucht ist. Der Beginn ist auch gut gelungen und verspricht ein spannendes Hörspiel. Doch schnell wird klar, dass hier auch ziemlich lange ziemlich viel geredet wird und Action eher Mangelware ist. Da wird dann „unterschwellig“ auch ein bisschen Kritik am Massentourismus am Mount Everest geübt, was für die Story nicht von Belang ist. Immerhin versucht man dann, mittels Geräuschen und passender Musik ein bisschen Atmosphäre aufzubauen, doch insgesamt entwickelt sich die Story etwas zu langsam. Nett ist die Nutzung einiger „klassischer“ Europa-Musiken, so sind bei einem Angriff des „Yeti“ Klänge aus der alten „Macabros“-Serie zu hören und auch andere Musiken, die man von früher kennt. Im Vergleich zu „Polterabend - Nacht Des Entsetzens“ ist hier schon eine Steigerung zu erkennen. Auch, wenn es nicht besonders gruselig ist und weiterhin einfach zu viel erklärendes Gerede genutzt wird, ist „Yeti - Kreatur Aus Dem Himalaya“ schon unterhaltsam. Luft nach oben bei der Neuauflage des klassischen Europa-Grusels bleibt aber noch.
Folge 03 - MOSKITOS - ANFLUG DER KILLER-INSEKTEN - CD - 2019
Eine Gruppe von Touristen möchte die Schönheiten des Amazonas-Dschungels kennenlernen. Aus der entspannten Reise wird schnell ein Horror-Trip als außergewöhnlich große und blutdurstige Moskitos das Leben schwer machen. Auch die scheinbar rettende Farm entpuppt sich nicht als sicherer Hafen...
Die Inhaltsangabe ist kurz gehalten aber trotzdem ziemlich vollständig. Nach „Poltergeist“ und „Yeti“ nun also „Mad Scientist“ und „Monster-Insekten“, Abwechslung gibt es in der Serie zumindest und noch immer ist keines der „klassischen Grusel-Monster“ aufgetaucht (was sich aber bald ändern wird). Die Geschichte entwickelt sich anfangs auch tatsächlich ein bisschen, wie einige Folgen der alten Serie...wie inzwischen gewohnt allerdings etwas langatmig. Leider ist die namhafte Sprecherschar hier eher schlecht aufgelegt. Der „spanische Akzent“ beispielsweise von Patrick Bach oder Julian Greis ist eher lächerlich, während Eckart Dux und Elga Schütz zumindest gewohnt solide Leistungen abliefern. Der „Coup“, die inzwischen über 75jährige Heidrun von Goessel in der Hauptrolle zu besetzen ist aber leider voll in die Hose gegangen. Ihre Texte klingen ganz extrem abgelesen und runtergeleiert und gar nicht geschauspielert. So etwas hätte man bei einer EUROPA-Produktion nun wirklich nicht erwartet. Immer deutlicher wird auch, dass die Reihe eher mit der „Meteor-Horror-Serie“ vergleichbar ist als mit den Klassikern von H.G.Francis. Was an sich ja nicht schlimm ist. Viel eher nerven weiterhin die nicht enden wollenden Dialoge. Inhaltlich wird es zwar nicht gruselig, ist aber zumindest nach dem langen Beginn leidlich unterhaltsam.
Folge 04 - PROJEKT X - INVASION DER ALIENS - CD - 2019
Zwei Jugendliche hören heimlich den Militärfunk ab und entdecken in einem Waldgebiet merkwürdige Vorgänge, bei der Soldaten scheinbar ein abgestürztes Ufo untersuchen. Als die Situation außer Kontrolle gerät, stehen die Kids plötzlich einem Außerirdischen gegenüber und geraten in ein unglaubliches Abenteuer...
Jugendliche, die CB-Funk abhören? Bonanzaräder? Spielt die Folge in den 70er/80er Jahren oder glauben die Produzenten/Dialogbuchschreiber wirklich, dass das ein typisches Hobby heutiger Jugendlicher ist? Na ja, am Ende egal, wenn eine spannende Story dabei rauskommt. In Folge 5 geht es bei „EUROPA-Grusel“ also um Aliens. Am Anfang kommt man sich fast wie in einer „Die 3 ???“-Folge vor, nur dass dann irgendwann der Science Fiction-Turn kommt. Mit Grusel/Horror hat das alles wenig zu tun, aher mit Science Fiction-Jugend-Abenteuern im Stil von Filmen der 80er Jahre oder, aus neuerer Zeit, dem Film „Super 8“. Man kann es auch als „Akte X“ für Jugendliche beschreiben oder fühlt sich an die „Gänsehaut“-Serie der 90er Jahre erinnert. Das ist alles ganz unterhaltsam, nur wie gehabt durch viel Gequatsche in die Länge gezogen. Die Sprecher-Besetzung ist hochkarätig wie immer und die beiden Nachwuchssprecher in den Kinderrollen liefern recht überzeugend ab, auch, wenn es manchmal noch eher abgelesen als geschauspielert klingt, aber das wird mit weiteren Rollen und Erfahrung sicher immer besser. Musikalisch gibt es diesmal unter anderem altbekannte Klänge aus den alten „Perry Rhodan“-Hörspielen der frühen 80er zu hören. Wieder fühlt man sich ein bisschen an die „Meteor-Horror-Serie“ erinnert, insgesamt aber die bisher unterhaltsamste Folge der Reihe. Nicht nur wegen eines hemmunslos overactenden K. Dieter Klebsch als Armee-Offizier. Der hatte wahrscheinlich bei den Aufnahmen einen Heidenspaß.
Folge 05 - DRACULA - TOD IM ALL - CD 2019
Nach einem langen Flug in die Tiefe des Weltalls im Kryo-Schlaf empfängt das Raumschiff Xeron 4 ein Funksignal von einem eigentlich als unbewohnbar geltenden Planeten. Dort entdeckt die Besatzung eine abgestürzte Raumkapsel, offenbar irdischen Ursprungs, in der sich ein mit Ketten verschlossener Sarg befindet. Sie bringen das Relikt an Bord ihres Schiffes und entdecken ein unglaubliches und schreckliches Geheimnis. Schon bald ist niemand an Bord mehr seines Lebens sicher...
Schon die alte Gruselserie der 80er Jahre führte die Hörer einmal ins Weltall, in das „Weltraummonster“ wurde eine stark an den Film „Alien“ angelehnte Story erzählt. In den 90er Jahren versetzte man Film-Monster wie „Jason Vorhees“ und „Pinhead“ ins Weltall und nun also „Dracula“. Die Ausgangssituation ist schon mal komplett trashig, was ja aber nicht auf ein schlechtes Hörspiel hindeuten muss. Zwar gibt es eine „Erklärung“ dafür,warum Draculas Sarg auf einem fremden Planeten gefunden wird, aber die ist auch ziemlich hanebüchen. Wie inzwischen üblich, ist der Gruselfaktor gering und alles viel zu langatmig und dialoglastig erzählt. Dracula, gesprochen von Altmeister Udo Schenk, der offenbar Spaß an der Rolle hatte, ist eher parodistisch angelegt und weniger als Monster. Man fragt sich, ob man wirklich einen wortspielerischen Dracula hören will. „Weltraumerfahrung“ hat auch Gertie Honeck als Kommandantin des Raumschiffs, hat sie doch in der TV-Serie „Star Trek: Voayger“ sieben Jahre lang „Captain Janeway“ besprochen und war in ähnlicher Rolle auch in der daran angelehnten Maritim-Hörspiel-Serie „Raumstation Alpha Base“ dabei. Auch der Rest des Casts ist mit bekannten Namen besetzt. Wäre das alles nicht wieder einmal so langatmig und zäh inszeniert, könnte man mit der abstrusen Story viel Spaß haben, so ist es aber erneut nur Mittelmaß. Nett ist immerhin, dass wieder ein paar alte Musiken verwendet werden. Zudem gibt es einen „Sektor 7 B“ auf dem Raumschiff...eine sehr deutliche Anspielung auf die gute alte „Commander Perkins“-Serie. Das lässt ein bisschen schöne Nostalgie aufkommen.
Folge 06 - SOS - WASSERLEICHEN AN BORD - CD - 2020
Vier junge Leute, Hannah, Yvette, Leon und Timo, machen einen Yacht-Ausflug im Atlantik vor der Insel La Gomera. Als Timo, der als einziger mit dem Schiff umgehen kann, nach einem Tauchgang schwer verletzt wieder auftaucht und etwas von einem höllischen Schrecken erzählt, sitzen sie auf offener See fest und müssen bald feststellen, dass unter der Wasseroberfläche etwas Gefährliches lauert, etwas sehr gefährliches...
Nach einer längeren Pause, vermutlich hat Europa/Sony erstmal die Verkaufszahlen und die Kritiken der ersten fünf Folgen intensiv analysiert, geht es mit Teil 6 der „EUROPA-Grusel-Serie“ weiter. Zumindest die Verkaufszahlen scheinen einigermaßen gestimmt zu haben, sonst hätte es sicher keine Fortsetzung gegeben. Hat es auch Änderungen/Anpassungen bei der Produktion gegeben? Das Thema, eine Gruppe von Leuten ist auf einem begrenzten Raum einer Gefahr ausgeliefert, bietet sich für eine Hörspielumsetzung geradezu an. Das Setting auf Hoher See eignet sich ja gut für die Umsetzung mit entsprechenden Sounds. Zudem ein relativ kleiner Hauptcast und eine straighte Story, die Voraussetzungen für ein unterhaltsames Hörspiel waren also gut. Dass es besonders gruselig und atmosphärisch wird, erwartet man bei der Serie inzwischen kaum noch, aber ein trashiger Untoten-Spaß ist ja auch nicht übel. Insgesamt kann man auch gar nicht allzu viel meckern. Klar, wie üblich wird geredet, geredet, geredet und das Hörspiel ist einen Tick zu lang geraten, aber vor allem am Anfang wird die Urlaubsstimmung der jungen Leute gut rübergebracht. Dann dauert es aber viel zu lang, bis der „Horror-Teil“ endlich beginnt. Diverse Logik-Löcher, sowie Wendungen und Zufälle, die die Handlung voranbringen sollen, muss man einfach überhören. Nicht überhören kann man aber die merkwürdig leise Produktion. Hier hätte es deutlich mehr Drive gebraucht. Ist Heikedine Körting einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit, was die Produktion angeht? Zudem neigen alle Sprecher/innen zum Overacting, vor allem die hysterische Sarah Madeleine Tusk als „Yvette“ ist schnell nur noch nervig. Dafür hat Altmeister Jürgen Thormann einen kleinen Gasteinsatz, ebenso Lutz Schnell und Peter Weis. Im Vergleich zu den bisherigen Folgen ist dies hier eine der besseren, aber natürlich weiterhin weit von der Qualität und dem Kultfaktor der Vorbilder entfernt.
Folge 07 - MONDÄRA - IM TODESGRIFF DER WÜRGEPFLANZE - CD - 2021
Als ihnen bei der Heimfahrt von einem Seniorenabend unvermittelt eine scheinbar verwirrte Frau vors Auto läuft, bringen Hattie und Henry sie in eine nahegelegene Seniorenresident zurück, von wo die Frau weggelaufen ist. Warum ist die Frau extrem verängstigt und behauptet, ihre Zimmergenossin sei umgebracht worden? Hattie und Henry fangen an, Fragen zu stellen, um schließlich auf ein schreckliches Geheimnis zu stoßen...
Eine „furchtbare Gefahr“, die in den Alltag einbricht...das typische Thema von Horrorgeschichten. Nach einem durchwachsenen Start der „EUROPA-Grusel-Serie“ und dann drei zumindest soliden Folgen, wird es bei „Mondära - Im Todesgriff Der Würgepflanze“ wieder ziemlich...mittelmäßig. Die Story ist öde, in dieLänge gezogen und irgendwie eine Art „Miss Marple auf Gruselpfaden“. Mit „Hattie und Henry“ - beide kennt man schon aus Folge 3, in der sie es mit „Killer-Moskitos“ zu tun bekommen hatten - will man offenbar an die legendären „Tom und Eileen“ aus der alten Gruselserie anknüpfen, nur eben im Rentenalter. Ähnliches versucht man bei Contendo Media ja mit der Serie „Die 3 Senioren“. Man sollte sich bei den Labels entscheiden, ob man Hörspiele für Kinder und Jugendliche machen möchte oder doch lieber für die seit den frühen 80ern erwachsen gewordenen zahlungskräftigen Kunden...beides kombiniert funktioniert ganz offenbar nicht. Thematisch passend hat man einige „Altstars“ unter den Hörspielsprechern engagiert, Elga Schütz, Eckart Dux (längst über 90 Jahre alt und dabei immer noch ein absoluter Profi!), Elke Reissert und Judy Winter liefern allesamt eine routinierte Leistung an. Das rettet die immer wieder etwas wirre und zu lange Story aber am Ende auch nicht, das Interesse schwindet mit zunehmender Laufzeit immer mehr. Zusammen mit Folge 1 bisher die schwächste Folge der Reihe.
Folge 08 - FRANKENSTEINS NICHTE - ERBIN DES WAHNSINNS - CD - 2021
Die beiden um die 50 Jahre alten Freunde Martin und Orlando reisen auf ein zu einer Wellness-Klinik umgebauten Schloss, um sich mal ein bisschen Ablenkung von der bevorstehenden Midlife-Crisis zu gönnen. Schon in der ersten Nacht werden sie von unheimlichen Gräuschen und Schreien geweckt und überraschen die Schlossherrin Victoria Stone dabei, wie sie schreckliche Experimente vornimmt...
Nach „Dracula im Weltraum“ nun also „Frankensteins Nichte“...ohne die legendärsten Grusel-Figuren der Geschichte kommt natürlich auch die „EUROPA-Grusel-Serie“ nicht aus. Der Anfang ist viel zu lang und geschwätzig...über 6 Minuten quatschen zwei Herren einfach nur, dass man gemeinsam zu einer Schönheits-Kur fahren will, das hätte man auch in zwei Minuten abhandeln können. Auch danach dauert es lange, bis die eigentliche Grusel-Handlung endlich mal beginnt. Wie man es von der Reihe bereits kennt, wirkt alles etwas behäbig und die gelegentliche Selbstironie funktioniert irgendwie nicht so gut. Wenn dann auch noch die unsägliche Desiree Nick eine Hauptrolle spricht, wird es förmlich anstrengend - na gut, dass ist natürlich Geschmackssache, meinen trifft sie jedenfalls nicht. Natürlich freut man sich, den großen Hans-Peter Korff zu hören, aber man kommt auch nicht herum, dass man ihm sein Alter von fast 80 Jahren deutlich anhört. Die Story lässt sich, wie bei fast jeder „Frankenstein“-Geschichte, schnell erzählen und ist in der obigen Beschreibung erschöpfend dargestellt. Das ist ähnlich wie bei Werwolf- oder Mumien-Geschichten, die auch meist nur wenig Variation bieten. Statt aber einen temporeichen Grusel-Spaß aus der Story zu machen, wird in der ersten Hälfte fast alles im Dialog zwischen „Martin“ und „Orlando“ erzählt, das hat fast was von der „Mauerschau“-Technik im Theater und kann weder mit den klassischen Gruselhörspielen der 80er mithalten noch mit der temporeichen Action heutiger Produktionen. Dass die neue „EUROPA-Grusel-Serie“ trotz aller wiederkehrenden Kritikpunkte doch schon auf die Nummer 10 zusteuert liegt wohl am Kult-Charakter von Europa und der alten H.G. Francis-Gruselserie...die Fans kaufen wohl aus Treue, Gewohnheit und in der Hoffnung, dass doch mal wieder an die alten Hörspiele angeknüpft werden kann. „Frankensteins Nichte - Erbin Des Wahnsinns“ schafft es aber nicht mal ansatzweise, an den Klassiker „Frankensteins Sohn Im Monster-Labor“ anzuschließen.
Folge 09 - OUIJA - TERROR IM GEISTERHAUS - CD - 2021
Eine Mädelsgruppe plant eine Geburtstagsfeier in einem Abbruchhaus in einem Karlsruher Waldgebiet. Wie Teenager lassen sie sich dazu verleiten, eine Geisterbeschwörung mit einem Ouija-Brett zu vollziehen und ahnen nicht, wen sie damit heraufbeschwören...
Sorry, die gesamte Story ist mit diesen zwei Sätzen vollständig wiedergegeben. Das könnte eine nette Geisterhaus-Geschichte ergeben, wie man sie zwar schon hundertfach gesehen und gehört hat, die aber mit schöner Atmosphäre prima unterhalten könnte. Leider klappt das nur bedingt. Zum einen dauert es viel zu lange, bis die Story richtig in die Gänge kommt und zum anderen sind die Figuren wenig realistisch und das gleich auf mehreren Ebenen. Die Frauen sollen um die 30 Jahre alt sein und erscheinen dafür ziemlich naiv. Dass Teenager mit Geisterbeschwörungen experimentieren, könnte man nachvollziehen. Erwachsene Frauen, die anscheinend noch nie von einem Ouija-Brett gehört haben und nach kurzer Erklärung „vollkommen dran glauben“ (es wird vorher noch erklärt, wenn jemand nicht dran glaubt, klappt es nicht) wirken nicht gerade überzeugend. Das erscheint alles furchtbar konstruiert, um zum einen eine unterschwellige feministische Botschaft relativ plump rüberzubringen und zum anderen eine „überraschende Wendung“ vorzubreiten. Und nicht nur, dass hier erwachsene Frauen sich wie naive Teenager verhalten, sie werden auch noch von unpassenden Sprecherinnen vertont. Natürlich ist Reinhilt Schneider eine Hörspiel-Legende mit unvergleichlicher Stimme, aber eine 30jährige nimmt man ihr einfach nicht mehr ab. Auch Sandra Schwittau ist und klingt deutlich älter als die Figur sein soll. Ganz abgesehen davon, dass man irgendwie immer „Bart Simpson“ vor dem geistigen Auge hat, wenn sie spricht oder die Schauspielerin Fairuza Balk im Film „Der Hexenclub“.
Hinzu kommt, dass viel zu viel der Handlung in Dialogen langwierig erklärt wird, weil das Spukhaus-Genre natürlich sehr über visuelle Effekte funktioniert. Das wirkt oft ziemlich bemüht und hätte möglicherweise durch einen Erzähler besser funktioniert. Zumal außer „Bob“ Andreas Fröhlich keine wichtigen Männerrollen vorkommen. Ne, irgendwie ist die nette Grundidee nicht richtig gut umgesetzt. Die Handlung selbst hat man ähnlich schon in unzähligen Filmen gesehen, für eine Hörspielumsetzung hätte man sich mehr Mühe geben müssen...so ist es ziemlich unausgegoren und klingt wie eine Produktion ohne viel Herzblut. Zudem wird die dünne Handlung auch ziemlich in die Länge gezogen, man hätte das 56minütige Hörspiel locker um zehn Minuten straffen können. So gilt aber das Fazit: schnell gehört, schnell wieder vergessen.
Folge 10 - SUBWAY 666 - ENDSTATION HÖLLE - CD - 2023
Nach einem Theaterbesuch verpassen Nadine und Chris die letzte U-Bahn. Als sie sich bereits auf eine teure Taxifahrt durch das nächtliche New York einstellen, fährt doch noch eine U-Bahn in den Bahnhof ein. Nachdem einige weitere Fahrtgäste zugestiegen sind und der Schaffner sich auf rabiate Weise Gehör verschafft hat, wird schnell klar, dass mit diesem „Sonderzug“ etwas ganz und gar nicht stimmt...
Nach einer längeren Pause - sei es wegen Produktions-Verzögerungen durch die Covid 19-Pandemie oder wegen Diskussionen, ob die Absatzzahlen eine Fortsetzung rechtfertigen - ist nun doch endlich Folge 10 der „EUROPA-Grusel-Serie“ erschienen. Wieder einmal wurde eine originäre Story vertont, die es so im Hörspiel-Bereich meines Wissens noch nicht gab. Filmische Vorbilder, in denen nächtliche U-Bahn-Fahrten eine Rolle spielen, gibt es hingegen einige...von „Creep“ über „Midnight Meat Train“ bis „Tunnel der lebenden Leichen“, wobei diese aber andere Geschichten erzählen.
Wie man es nicht anders aus der Serie kennt, wird unheimlich viel geredet, teilweise auch in Rückblicken, die dem scheinbar zufälligen Zusammentreffen der Figuren in der Bahn einen größeren Sinn geben sollen. Natürlich hört man Jürgen Thormann als diabolischen Schaffner gerne zu, aber auch nach einer Viertelstunde hat man sich als Hörer noch nicht einmal auch nur annähernd gegruselt oder erschrocken. Auch, wenn das mit fortlaufender Laufzeit ein bisschen bessert, ist die Geschichte wieder einmal viel zu sehr in die Länge gezogen. Das Thema „Menschen mit Geheimnissen werden für ihre Fehler zur Rechenschaft gezogen“ ist nicht so neu und es dauert viel zu lange, bis sich herauskristallisiert, worauf es hinaus läuft. Dass ein paar logische Fehler - zum Beispiel sprechen alle Figuren durchgehend Deutsch, egal ob Einheimische oder Touristen, nur die Stationsansagen im Zug sind auf Englisch - dabei sind, kann man verschmerzen. Sowas sollte erfahrenen Hörspiel-Machern wie Körting und Minninger aber nicht passieren. Auf der positiven Seite stehen eine teilweise schöne Atmosphäre, ein paar alte Musikstücke und natürlich Jürgen Thormann. Dass man aus der Grundidee und etwas Straffung viel mehr hätte herausholen können, wird aber schnell klar.
Buch: André Minninger
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