Episode 01/02 - DIE ZEITMASCHINE Teil 1 +2 - 2 Einzel-CDs - Folgenreich/Universal - 2017
Jack Milton ist Professor, passionierter Forscher und Erfinder. Zur Überraschung seiner Freunde, schafft er es, eine Zeitmaschine zu bauen, mit der er in eine weit entfernte Zukunft der Menschheit reist. Nach seiner Rückkehr berichtet er seinen staunenden Freunden von gefährlichen Abenteuern...
Ich habe die Inhaltsangabe zu diesem Hörspiel-Zweiteiler bewusst allgemein gehalten, denn so bleibt auch den Leuten, die die Erzählung oder eine der Verfilmungen von „Die Zeitmaschine“ kennen die Überraschung erhalten, denn das Hörspiel geht recht eigene Wege.
„Die Zeitmaschine“ des visionären Autoren H.G. Wells war als frühe literarische Umsetzung des Themas Zeitreise seiner Zeit weit voraus (sic!), als die Erzählung 1895 erschien. Die wenigsten Leute werden tatsächlich das Buch gelesen haben, viel eher ist die berühmte 1960er Verfilmung von George Pal ein begriff, die zu einem echten Klassiker des Science Fiction-Genres und Teil der Popkultur geworden ist. So tauchen die Zeitmaschine und die „Morlocks“ zum Beispiel auch in der Serie „The Big Bang Theory“ auf. Gore Verbinskis Neuverfilmung von 2002 ist hingegen praktisch komplett vergessen.
Natürlich eignet sich die Geschichte auch hervorragend für eine Umsetzung als Hörspiel und eröffnet Folgenreichs neue Reihe mit Geschichten von H.G. Wells. Für die Produktion hat man auf die bewährten Fähigkeiten von Oliver Döring zurückgegriffen, der mit seiner Erfahrung natürlich solide Arbeit abgeliefert hat.
Stilistisch hat er die Geschichte zwar aus dem viktorianischen Zeitalter in die 70er Jahre verlegt, das Hörspiel aber eher altmodisch im Stile eines Radiohörspiels (was immer dem Theater näher ist als dem Film) inszeniert. Natürlich wird das technisch auf zeitgemäßem Niveau umgesetzt, konzentriert sich aber mehr auf die Dialoge (ohne Erzähler) und setzt Musik und Geräusche eher dezent, aber immer passend ein. Vor allem die Musik erzeugt eine schöne Atmosphäre. Bei den Sprechern hat man auf absolute Profis wie Hans-Georg Panczak, Bernd Rumpf, Udo Schenk, Joachim Kerzel und viele andere gesetzt, so dass keinerlei Anlass zur Kritik besteht. Das Cover-Artwork ist ebenfalls eine gelungene Mischung aus klassisch und zeitgemäß und sehr ansprechend.
Ich muss zugeben, dass ich die Original-Erzählung nie gelesen habe und kann deshalb nicht sagen, wie weit sich Oliver Döring davon entfernt hat. Mir ist bewusst, dass der bekannte Film das Buch auch nur fragmentarisch wiedergegeben hat und auch Döring schein eine Menge eigener Ideen hineingebracht zu haben. Das ist aber durchaus legitim bei einer mehr als 120 Jahre alten Geschichte. Mit der wohl doch altmodischen Erzählstruktur von Wells würde man heute wohl kaum ein junges Publikum erreichen. Stattdessen gibt es Elemente moderner dystopischer Geschichten wie „The Hunger Games“. Man sollte diesen Zweiteiler also nicht als wortgetreue Umsetzung anhören, sondern als zeitgemäße Interpretation. Das erinnert vom Ansatz her ein wenig an die „Edgar Allan Poe“-Serie von Lübbe Audio, wo die Geschichten des Grusel-Meisters auch eher Teil eines großen Ganzen waren als Nacherzählungen der Vorlagen. Liebhabern der Vorlage könnte das etwas respektlos erscheinen, ich finde die Umsetzung jedoch interessant und gelungen.
Döring versucht immerhin neue Wege zu gehen, in dem er eine eher altmodisch wirkende technische Umsetzung - im positiven Sinne - mit einer modernisierten Interpretation der klassischen Geschichte kombiniert. Dabei gelingt ihm eine Mischung aus der Komplexität aktueller Hörspielserien und gradliniger Unterhaltung für Erwachsene. Dass man den Zweiteiler nicht als Doppel-CD veröffentlicht hat, stößt zunächst etwas negativ auf, weil zwei einzelne CDs natürlich zu einem höheren Preis verkauft werden und kaum ein Käufer nur eine CD kaufen wird. Hier stehen ganz klar kommerzielle Motive im Vordergrund. Da es aber auch immer mit Risiken behaftet ist, eine neue Serie zu produzieren, in Zeiten, in denen sich nur wenige Hörspiele dauerhaft durchsetzen können, muss man wohl darüber hinwegsehen. Zumindest bekommt man zweimal knapp 60 Minuten qualitativ hochwertige Unterhaltung geboten und wenn die nächsten Folgen ähnlich interessant sind, darf man sich vielleicht auf eine langlebige Serie freuen. Vorlagen von H.H. Wells gibt es jedenfalls genug.
Buch: Buch: Oliver Döring nach der Erzählung von H.G. Wells
Folge 03 - DAS IMPERIUM DER AMEISEN - CD - Folgenreich/Universal - 2017
Der junge Biologe Holroyd wird mit dem Auftrag nach Südamerika geschickt, einen verschollenen Insektenforscher, der eine bisher unbekannte und besonders giftige Ameisenart untersucht hat, zu finden. Ist ihm etwas zugestoßen oder hat er siene Ergebnisse an ein konkurrierendes Unternehmen verkauft. Holroyd, der sich in der schwül-heißen Atmosphäre aufgrund einer Viren- und Bakterien-Phobie sehr unwohl fühlt, macht sich auf die Suche nach dem Kollegen und gerät in ein Abenteuer unvorstellbarer Dimension. Die Ameisen sind nicht nur besonders giftig und ziemlich groß...sie scheinen auch einen Plan zu verfolgen...
H.G. Wells´ Kurzgeschichte „Das Reich Der Ameisen“ ist eines seiner eher unbekannten Werke, wurde aber 1977 mit Joan Collins als „In Der Gewalt Der Riesenameisen“ verfilmt, ganz in der Tradition des 70er Jahre Katastrophen- und Tierhorrorfilms. Aus heutiger Sicht ist der Film natürlich recht naiv, fast schon trashig und tricktechnisch überholt, als solider Tierhorrorfilm geht er aber doch durch, auch, wenn inhaltlich von der Vorlage nicht viel übrig blieb. Als Hörspiel wurde die Gecshichte meines Wissens nach noch nie bearbeitet. Die Ameisenfolge der alten Europa-Gruselserie orientierte sich eher an dem Film „Formicula“, der sicher aber von der Wells-Geschichte inspiriert war.
Nach der interessanten Neuinterpretation von „Die Zeitmaschine“ setzt Oliver Döring für Folgenreich/Universal die H.G. Wells-Serie im gleiche Stil fort. Die Grundgeschichte wurde beibehalten - soweit ich es nachvollziehen kann - aber hier und da verändert und erneut in die moderne Zeit verlegt.
Die Geschichte ist gradliniger umgesetzt als noch bei „Die Zeitmaschine“ und horrorlastiger und würde sich auch innerhalb einer Horror-Anthologie-Reihe wie „Dreamland Grusel“ oder ähnlichen gut machen. Die Produktion ist wieder eher klassisch - aber nicht altmodisch! - und ohne allzu viel modernen Bombast umgesetzt und vor allem durch einige Musikstücke (Track 7) wird eine schöne Atmosphäre geschaffen. Sprecher und Geräuschuntermalung sind auch wieder gelungen.
In der eigentlichen Story sind ein paar gesellschaftskritische Details eingearbeitet, im Großen und Ganzen geht es hier jedoch um eine wenig überraschende, aber unterhaltsame und gut umgesetzte Gruselstory.
Buch: Oliver Döring nach der Erzählung von H.G. Wells
Folge 04/05/06 - KRIEG DER WELTEN Teil 1-3 - 3 Einzel-CDs - Folgenreich/Universal - 2018
Teil 1: England zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Schwelle zur Gegenwart. Bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckungen und Erfindungen bringen die Menschheit voran und doch mag sich kaum ein Mensch vorstellen, dass es andere bewohnte Planeten geben könnte.Als der Physikprofessor Ogilvy dem Journalisten Simon Schuster von merkwürdigen Gas-Ausstößen auf dem Mars berichtet, die per Teleskop beobachtet wurden, wittert dieser eine Story und ahnt nicht, dass die Menschheit vor einer gigantischen Gefahr steht, die sie vernichten könnte. Marsianische Raumschiffe haben sich auf den Weg zur Erde gemacht...und sie sind nicht an friedlichen Kontakten interessiert...
Teil 2: Langsam spricht sich in der Bevölkerung der Angriff der Marsianer herum. Telefon- und Telegrafenleitungen sind ausgefallen, Zugverbindungen unterbrochen und eine Atmosphäre zwischen Unglauben und Panik macht sich breit. Ein paar junge Studenten erkennen den Ernst der Lage und versuchen, den voranmarschierenden Kriegsmaschinen zu entkommen, bevor diese alles in Schutt und Asche legen. Die Menschheit scheint der überlegenenden marsianischen Technik nichts entgegensetzen zu haben. Doch nicht nur nur die Außerirdischen sind eine Gefahr, auch die verzweifelten Menschen auf der Fluch verlieren jeden Anstand, um zu überleben...
Teil 3: Die Invasion der Marsianer schreitet voran, die Lage der Menschheit ist verzweifelt. Die Menschen denken nur noch an sich selbst und versuchen, irgendwie den Kampfhandlungen aus dem Weg zu gehen und ihr eigenes Überleben zu sicher, untereinander herrscht Misstrauen. Die verzweifelten militärischen Gegenschläge der Menschen scheitern und es scheint keine Hoffnung mehr zu geben. Durch Zufall ergibt sich eine letzte, vage Möglichkeit, die Außerridischen zu besiegen, aber die Idee ist waghalsig...
„Krieg Der Welten“ von Autor H.G. Wells ist wohl der Prototyp des Science Fiction-Invasions-Romans, inhaltlich aus heutiger Sicht natürlich naiv, aber zu seiner Entstehungszeit visionär und mit Sicherheit aufregend. Wie fast alles, was Wells damals geschrieben hat. Nicht nur, dass der Stoff zahlreiche Science Fiction-Filme inspiriert hat, angefangen vor allem in den 50er Jahren, auch die Originalgeschichte wurde zahlreiche Male künstlerisch umgesetzt, vom Film („Kampf Der Welten“ aus den 50ern, „Independence Day“, „Mars Attacks“ als geniale Tim Burton-Parodie, „Krieg Der Welten“ mit Tom Cruise) über Theater und Musical bis hin zum Hörspiel. Ja, die 1938er Radio-Hörspiel-Fassung von Orson Welles ist wohl das berühmteste Hörspiel aller Zeiten, weil angeblich zahlreiche Menschen die in Form einer Radio-Reportage umgesetzte Geschichte für bare Münze nahmen und Panik ausbrach. Das allerdings wird heutzutage eher als Zeitungsente und Sensationsgeheische angesehen...Zeitzeugen, die man fragen könnte, gibt es kaum noch. Auf jeden Fall prägte sich dadurch die Geschichte unauslöschbar in die Popkultur des 20. Jahrhunderts ein.
Nun hat das Label Folgenreich im Rahmen seiner noch jungen H.G. Wells-Reihe eine Neuvertonung vorgelegt, die auf drei einzeln veröffentlichten CDs erscheint und von Oliver Döring nach dem Dialogbuch von Christian Gailus produziert wurde. Mit den vorhergehenden Folgen „Die Zeitmaschine“ und „Das Imperium Der Ameisen“ hatte man schon gut vorgelegt und bei der Arbeit von Döring gibt es nichts zu kritisieren. Befürchtet man zunächst, dass die ursprünglich recht „dünne“ Story mit drei CDs etwas langatmig sein könnte, merkt man schnell, dass gerade die recht langsame Entwicklung den Reiz ausmacht. Im Gegensatz zu den vorherigen Folgen hat man die Story auch nicht moderniseirt, sondern belässt sie in ihrer Entstehungszeit um 1900, was durch die angenehm altmodische Produktionsweise sehr gut wirkt. Interessant ist, dass das Skript nicht der Versuchung erlegen ist, die Angriffe der außerirdischen Maschinen mit großem Knall- und Bumm-Brimborium zu inszenieren - was heutzutage sonst üblich ist -, sondern die gute alte Theatertechnik der „Mauerschau“ nutzt, um die Ereignisse zu erzählen. Die handelnden Figuren beschreiben die Angriffe und das Geschehen überwiegend in Form von Beobachtungen und Gesprächen. Natürlich wird das durch eine gelungene Soundkulisse unterstützt, trotzdem mag es manch jüngerem Hörer heutzutage etwas unspektakulär erscheinen, sorgt aber dafür, dass die Handlung sich eben auf die Figuren konzentriert und nicht durch laute Soundeffekte in den Hintergrund gedrängt wird. Ob dies von der Romanvorlage übernommen wurde, ist mir leider nicht bekannt.
Wie jede gute Geschichte, gibt es hier auch eine Dreiteilung - sinnvollerweise auf die die drei CDs verteilt - mit Anfang (der Beginn der Invasion und der Versuch, noch friedlich mit den Außerirdischen Kontakt aufzunehmen), Mittelteil (das Chaos im Land und die wachsende Panik der Menschen) und das Finale (die Lösung und der erfolgreiche Gegenangiff - da die Story allgemein bekannt sein dürfte, ist dies kein allzu großer Spoiler). Da ist es etwas schade, dass die einzelnen Folgen jeweils mit einem Monat Abstand erscheinen, so dass die Wartezeit relativ lang ist. Produziert wurde der Dreiteiler aber in einem Zuge und als ein zusammenhängendes Hörspiel ohne Brüche. Sicherlich wird es irgendwann auch noch einmal eine günstigere Box mit allen drei CDs geben, durch die Einzelveröffentlichung sollen wohl erst einmal die Produktionskosten, die bei der großen und namhaften Sprecherschar sicher beträchlich waren, gedeckt werden, da Fans und Sammler natürlich immer alle drei Teile kaufen. Der Gelegenheitskäufer schlägt dann später bei einer günstigeren Box zu. Besonders erwähnenswert ist auch noch die Covergestaltung, besonders das Motiv von Teil 3 weiß zu gefallen. Es wäre schön, wenn das Konzept aufgeht und so die Fortsetzung der H.G. Wells-Reihe sichergestellt wäre, denn da gibt es noch zahlreiche spannende und weniger bekannte Geschichten.
Buch: Christian Gailus nach der Erzählung von H.G. Wells (A.P.)
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