Seit der Gründung von BLONDIE 1976 sind inzwischen über 35 Jahre vergangen. In der Zeit veröffentlichte die Band zahlreiche erfolgreiche Alben, jede Menge Top 10 Hits, hatte schwierige Phasen und lange Auszeiten, Ende der 90er Jahre ein gigantisches Comeback und bis heute eine treue Fangemeinde. Ich habe BLONDIE seit früher Jugend – also ganz frühe 80er Jahre – immer gerne gehört und einige Platten und CDs. Grandios war der Auftritt zur „No Exit“-Tour 1999 in Hamburg, der mich endgültig zum Fan gemacht hat. Der Einfluss von BLONDIE auf die Popmusik darf nicht unterschätzt werden und dabei war die Gruppe immer offen für alle möglichen alten und neuen Einflüsse von Rock`n`Roll über Punk und New Wave bis hin zu Disco und Rap. Zentrum war natürlich immer die charismatische Sängerin Deborah Harry, die aber ohne ihre Band nicht viel mehr als eine normale Popsängerin gewesen wäre, wie ihre Soloversuche vor allem in den 80ern beweisen.
Natürlich hat so eine außergewöhnliche Karriere die üblichen Begleiterscheinungen, nämlich unzählige Greatest-Hits-Zusammenstellungen, Livealben und natürlich Bücher über die Band.
Das aktuellste ist „Parallel Lives“ von Dick Porter und dem BLONDIE-Wegbegleiter Kris Needs. Durch die enge Freundschaft von Needs mit der Band ergibt sich natürlich ein recht intimer Blick auf die Gruppe, was das Werk nahe an eine „offizielle“ Biografie kommen lässt, ohne es aber zu sein. Auf gut 400 Seiten wird die gesamte Vorgeschichte und natürlich die eigentliche Karriere der Band in leicht lesbarer Form erzählt, von der Jugend von Deborah Harry und Chris Stein über erste Banderfahrungen in den 60er Jahren, die wilde Zeit im New York der frühen 70er, den Start von BLONDIE 1976 und erste Erfolge über den weltweiten Durchbruch 1978, das endlose Touren, den Zusammenbruch 1982/83, Chris Steins schwere Krankheit, Debbies Solokarriere und das Comeback Ende der 90er Jahre bis hin zum aktuellen Album „Panic Of Girls“ im Jahr 2011.
Dass bei einer so langen, wechselhaften Karriere nicht jedes kleine Ereignis in den Rahmen von 400 Seiten passt, dürfte klar sein und so zieht die Bandgeschichte teilweise etwas episodenhaft am Leser vorbei. Am Anfang geht es noch recht ausführlich und teilweise tiefgehend zu, später erhöht sich das Tempo und es werden eher Fakten aneinandergereiht, als wirklich eine Geschichte erzählt. Das ist allerdings bei vielen Bandbiografien so und an sich auch nachvollziehbar. Natürlich interessieren sich die Fans am meisten für die frühe Geschichte, wie die Band entstanden ist und wie schwer der Weg an die Spitze war. Und wirklich wichtige Ereignisse werden nicht ausgespart, auch die negativen nicht, wie zum Beispiel der schwere Drogenmissbrauch in den 60er und 70er Jahren, Streitereien mit anderen Bands, dem gierigen Manager der frühen Jahre und einiges mehr.
Sehr interessant sind auch die Eifersüchteleien zwischen den Bands der CBGBs-Szene wie Television, New York Dolls, Ramones, Suicide und eben BLONDIE. Was als Ursuppe von Punk und New Wave gilt, scheint gar nicht so homogen gewesen zu sein, wie man es heute romantisch verklärt. Dass aus diesem Umfeld eine musikalische Revolution wurde, war wohl doch auch viel durch Zufälle geprägt. Gerade solche Informationen und Anekdoten, sowie die vielen Originaltöne von den Bandmitgliedern und Wegbegleitern machen „Parallel Lives“ zu einem lesenswerten, informativen und unterhaltsamen Buch, das nicht nur für BLONDIE-Fans, sondern für Musikliebhaber im Allgemeinen interessant ist.
Zusätzlich zur Bandgeschichte gibt es noch 24 Seiten mit wunderbaren Fotos, bekannte und unbekanntere, und einen Anhang mit Bibliografie, recht allgemein gehaltener Diskografie der Band und der Solo-/Nebenprojekte – für Sammler allerdings kaum von Nutzen – und alphabetischem Register.
Alles in allem ist „Parallel Lives“ eine mehr als solide, aber auch recht typische Bandbiografie, was jetzt aber im absolut positiven Sinne gemeint ist. (A.P.)
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