(www.keinkiel.de )
Ende der 70er Jahre, Punk und Wave fassen ausgehend von Städten wie Düsseldorf, Berlin und Hamburg Fuß in Deutschland. Auch Städte wie München und Hannover bringen Interessantes hervor. Und auch aus der „Provinz“ wie Limburg und Bremen kommt so einiges an interessanter Musik. Und natürlich auch aus Kiel. Klar, jeder kennt die Band NO MORE (die meisten wohl leider nur „Suicide Commando“), aber auch daneben gab es zahlreiche Bands, die ihre Interpretation von Punk, NDW und New Wave produzierten, überwiegend auf Cassetten, einige aber auch auf Vinyl wie INZUCHT & ORDNUNG oder UKW (die nix mit den „Sommersprossen“-Poppern zu tun haben). Vieles ist über Kiel hinaus nicht bekannter geworden und so war es an der Zeit, dass die Kunsthalle Kiel in Zusammenarbeit mit Leuten von NO MORE und anderen eine Ausstellung über die Kieler „Post Punk & No Wave Musikszene 1977-1982“ zusammengestellt hat, die im Mai 2007 zu sehen war.
Wie es sich für eine Ausstellung gehört, ist dazu auch ein Katalog erschienen, der zudem eine CD mit Tondokumenten der Zeit enthält.
Der Katalog erscheint im (knapp) Din A 5 Querformat und enthält neben zahlreichen Fotos von Helmut Kunde und Joachim Thode, die Bands, Orte und Publikum zeigen, auch Abbildungen von Konzertplakaten und einige Texte und Interviews zum Thema. Dazu die wichtigsten Infos zu den auf der CD vertretenen Bands.
Was wären die schönsten Bilder ohne den dazugehörigen Sound? Die CD mit gut 65 Minuten Laufzeit enthält eine Reihe der damals aktiven Bands, und zwar häufig mit mehreren Songs, was ein besseres Bild abgibt. Sicher fehlt die eine oder andere Band, die vielleicht gar nicht aus dem Proberaum raus gekommen ist, aber soweit ich das beurteilen kann, sind die wichtigen Gruppen vertreten. NO HORIZON kennt man vielleicht von ihrer Platte auf Konnekschen, NO MORE sind sowieso allgemein bekannt. FUN FUNERAL begannen bereits Punk und Wave zu kombinieren. INZUCHT & ORDNUNG bieten typischen Zick Zack Sound, UKW minimal-elektronisches (ihr „Nächstenliebe“ muss man gehört haben!). Waveklänge gibt es von DEVANTGARDE und CODE 7, während ENERGO WÜNSCHKYI eine sehr strange und extrem tanzbare Mischung aus DAF und Dub abliefern, die wirklich hypnotisch ist und eigentlich heute ein Klassiker sein müsste. Weiterhin dabei MODULATORS, D-MARK, TERRIBLE NEWS, PFUSCH, RAFGIER (nicht zu verwechseln mit der Band, die eine Scheibe bei Rock’o’Rama in der Vor-Rechts-Rock-Zeit veröffentlicht hat), STANDARD OF LIVING und BLITZLICHT.
Von klassischem Punkrock über New Wave, NDW und Ska bis hin zu Krach ist alles Mögliche vertreten und bietet so einen guten Überblick über die Kieler Ereignisse Ende der 70er/Anfang der 80er. Dass dabei keine durchgehend CD-referenzielle Soundqualität erreicht werden kann, ist klar, haben doch einige Bands wenn überhaupt nur Tape- oder gar Livemitschnitte bieten können. Das stört aber absolut nicht, denn so bleibt alles authentisch, was viel wichtiger als eine pompöse Produktion ist.
Das einzige, was an diesem Rundum-Wohlfühl-Paket vielleicht fehlt, ist eine Diskografie zu den Veröffentlichungen Kieler Punk/Post Punk/New Wave/No Wave/NDW-Bands. So muss man sich alles im gesamten Katalog selbst zusammen suchen.
Ach ja, für alle, die es die Kaufentscheidung wirklich erleichtert: „Suicide Commando“ ist auch auf der CD. Eigentlich sollte es aus allen zumindest mittelgroßen deutschen Städten solch eine Zusammenstellung geben. (A.P.)
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