Als in Basel der Wissenschaftler Roland Obrist ermordet wird, nehmen die Kriminalpolizisten Alex Pandera und seine neue Partnerin Tamara Aerni die Ermittlungen auf. Da Obrist der Bruder des Basler Bischoffs war, gibt es auch Hinweise, die in hohe kirchliche Kreise führen. Zeitgleich präsentiert in Rom mitten auf dem Petersplatz der selbstverliebte und ruhmsüchtige Reporter Roger Simovic den Wissenschaftler Franz Wismut live im Fernsehen, der behauptet aus Genmaterial des Turiner Leichentuchs Jesus Christus geklont zu haben, der jetzt als zweijähriger Junge bei ihm lebt. Diese Nachricht löst Ereignisse aus, die schwerwiegende Folgen haben können, es steht nicht mehr und nicht weniger als die Existenz der Kirche auf dem Spiel. Hatte Roland Obrist etwas mit dem Klonexperiment zu tun und welche Rolle spielen sein Bruder und der Vikar Kunen? Für Alex Pandera beginnt eine Hetzjagd durch die Schweiz. Italien und den nordafrikanischen Mittelmeerraum, denn Wismut ist mit dem Kind untergetaucht und wird von verschiedenen Parteien mit ganz eigenen Motiven gehetzt. Auf einem Kreuzfahrtschiff vor Algerien laufen die Fäden zusammen…
Thriller über religiöse Themen gibt es seit „Sakrileg“ viele, das Thema ist aber auch zu interessant, weil fast jeder Leser eigene Erfahrungen mit der Kirche verbinden kann. Thomas Kowa, deutscher, in der Schweiz lebender Autor legt hier seinen ersten Roman vor und kann dem alten Thema trotzdem noch neue Seiten abgewinnen. Er verbindet das religiöse Motiv um den angeblich geklonten Jesus mit klassischer Krimihandlung und Elementen des Wissenschafts-Thrillers, wobei das Jesuskind selbst kaum im Mittelpunkt steht, sondern eher die Ereignisse auslöst. Das klingt zwar zunächst alles nicht sehr neu – und ist es im Grunde auch nicht – liest sich aber sehr unterhaltsam, so dass man die rund 380 Seiten des Romans ziemlich schnell weglesen kann. Das liegt vor allem an der frischen und leicht lesbaren Schreibe von Thomas Kowa, der seine Jugend in den 80ern verbracht hat, Musiker war (und ist) und sich gar nicht so sehr an den möglichen Vorbildern orientiert. Seine Sprache ist zeitgemäß, nachvollziehbar und er versucht gar nicht erst, in einem besonders anspruchsvollen Stil zu schreiben, sondern so, dass es immer glaubwürdig bleibt. Ziel ist es hier ganz klar, den Leser zu unterhalten und nicht auf Gedeih und Verderb schwere, anspruchsvolle Kost abzuliefern. Dabei geht es aber auch nicht soweit, dass Kowa in die Seichtheit des Heftroman-Genres abdriftet. Die Handlung bleibt, trotz mehrerer zeitgleich verlaufender Handlungsfäden nachvollziehbar, die Charaktere sind durchaus sympathisch und glaubhaft und obwohl Ortsbeschreibungen manchmal eher oberflächlich bleiben, kann man sich die Story immer bildhaft vorstellen. Details sind gut recherchiert, vor allem auch die wissenschaftlichen Elemente, was sicherlich an Kowas Hauptberuf in einer Firma für Blutdiagnostik liegt. Trotzdem wird der Leser nicht mit wissenschaftlichem Geschwafel gelangweilt. Man wird sozusagen in die Figur des Alex Pandera versetzt, der ja bei seinen Ermittlungen genauso ahnungslos gegenüber den wissenschaftlichen Zusammenhängen ist und eben die „richtigen Fragen“ stellt.
Thomas Kowa hat rund sechs Jahren an seinem Debütroman gearbeitet, ihn immer wieder überarbeitet und im Grunde das Handwerk des Schreibens dabei erst gelernt. Dass sich die Mühe gelohnt hat sieht man daran, dass ein großer Verlag das Debüt eines bis dahin völlig unbekannten Autors herausbringt – da muss der Verlag schon Vertrauen in die Geschichte haben – und ein bisschen Glück gehört natürlich auch dazu.
Kleine Kritikpunkte gibt es aber natürlich auch. So gibt es zeitweise fünf bis sechs Handlungsstränge parallel. Zwar kann man der Geschichte immer folgen, sie bleibt sehr gradlinig, aber die einzelnen Kapitel sind teilweise nur knapp drei Seiten lang, so dass die Geschichte manchmal extrem sprunghaft vorankommt. Hier und da wären etwas längere Kapitel sicher sinnvoll gewesen. Andererseits wird durch die kurzen Episoden das Tempo immer hochgehalten, man weiß oft mehr als die handelnden Figuren, weil in vorhergehenden Kapiteln schon Dinge passieren, die eine andere Figur erst später mitbekommt. Erst auf den letzten 30 Seiten laufen vier Handlungsstränge zum Finale zusammen, das spannend ist, aber nicht unnötig in die Länge gezogen wird.
Keine Frage, „große Literatur“ ist „Das Letzte Sakrament“ nicht – will es sicher auch gar nicht sein - , dafür ist das Thema in den letzten Jahren auch zu oft aufgegriffen worden. Wer aber auf Thriller mit religiösen Motiven steht und einfach gerne leicht zu lesende, zeitgemäße und glaubhafte Romanunterhaltung mag, liegt hier völlig richtig. Die Hauptfiguren Alex Pandera und Tamara Aerni haben zudem das Potenzial für weitere Romane und wenn mich nicht alles täuscht, ist ein weiteres Abenteuer bereits in Arbeit. Ich freue mich drauf! (A.P.)
Bastei Lübbe – ISBN 978-3-404-16674-9
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