(X Rated)
Zensur, welcher Art auch immer, ist schlimm. Leute, die über Zensur schreiben, obwohl sie keine Ahnung haben sind schlimmer. Leute, die Ahnung haben, darüber schreiben und dann solch ein Buch auf den Markt bringen, verursachen aber weitaus mehr Schaden, als dass sie aufklären und informieren, wie sie es wohl ursprünglich wollten.
Lange habe ich auf dieses Buch gewartet, weil mich das Thema Zensur grundsätzlich interessiert. Ich habe Andreas Bethmann aufgrund seiner zahlreichen Aktivitäten als Herausgeber der Zeitschrift „X-Rated“, Filmregisseur, Börsenhändler und Buchautor als engagierten und sympathischen Menschen kennen gelernt, auch, wenn viele Leute über ihn meckern. Da spielt wohl eher Neid eine Rolle, weil er meistens das umsetzt, was er sich vornimmt. Nach dieser Buchbesprechung wird er mich wahrscheinlich hassen, aber das kann ich dann auch nicht ändern.
Es war lange mal an der Zeit, ein umfangreiches Informationswerk zum Thema Zensur in Deutschland vorzulegen. Ein guter, kompetenter Schritt waren schon die beiden „Ab 18“-Bände, aber als ich dieses über 460 Seiten starke Buch erstmals in den Händen hielt, war ich schon beeindruckt und erhoffte mir viele Informationen. Fraglos, enthält „Andreas Bethmann´s Zensurbuch“ zahlreiche Informationen und doch ist dieses Buch so schlecht, dass schon diese Besprechung zu viel Werbung dafür ist. Wenn man gegen Zensur in Deutschland kämpfen will, muss man ein fachlich und stilistisch einwandfreies Buch vorlegen, dass auch die breite Masse von Bürgern erreichen kann und nicht nur die Horror-Fan-Gemeinde. Dazu bedarf es eines sachlichen Stils. Bethmann hingegen hat (was ich aus seiner Sicht nachvollziehen kann), ein Hass-Buch auf alle möglichen Organisationen, Behörden, die Polizei, die deutsche Justiz und jeden anderen geschrieben, der mit diesem Thema zu tun hat. Immer wieder war Bethmann selber von Verfahren, Anzeigen, Hausdurchsuchungen etc. betroffen und ich kann verstehen, dass er wütend ist. Wie will er aber Verständnis für seine Situation bei Leuten erreichen, die das alles nicht miterlebt haben, wenn er persönlich beleidigend wird und statt einer sachlichen Argumentation und Information polemisch, sarkastisch und bösartig wird? Sätze wie „Mensch gehe doch nach Hause und saug´ an den Nippeln Deiner Mutter“ über einen Prüfer der FSK, der seinem Film „German Lolita Parade“ keine FSK 16-Freigabe gegeben hat, zeugen einfach nur von Dummheit. Da denkt sich der „Normalbürger“ doch sofort, dass es schon Korrekt ist, dass Leute, die so reden nicht einfach ihre Filme auf die Menschheit loslassen dürfen. Verständnis für einen „unterdrückten“ Filmemacher erzeugt Bethmann damit sicher nicht. Ähnliche Beleidigungen finden sich immer wieder im gesamten Text. Dass aber „Normalbürger“ gar nicht erst an dieses Buch herankommen, dafür hat der Herausgeber und Autor schon gesorgt, denn das Buch hat keine ISBN-Nummer und dürfte somit nur schwer im normalen Buchhandel zu bekommen sein. So bleiben nur die einschlägigen DVD/Video-Börsen, auf denen aber wieder nur das „eingeweihte“ Publikum anzutreffen ist. Wenn man etwas verändern will, muss man mit einem nicht angreifbaren Produkt an die Öffentlichkeit und muss die Medien auf seine Seite ziehen, doch das misslingt hier beinahe vollständig. Im besten Falle wird das Buch einfach freundlich übergangen, im schlimmeren Falle lachen sich die Leute darüber tot und sagen sich: „Seht Ihr, ich hab doch gesagt, dass diese Horrorfans alle hohl sind, die wissen ja nicht mal, wie man sich gut verkauft...“. Was viel schlimmer ist, ist aber die Form, in der dieses Buch erscheint. Wer soll einen ernst nehmen, wenn der Autor nicht einmal die deutsche Sprache vernünftig beherrscht? Da fragt man sich wirklich, ob die PISA-Studie die Situation nicht noch beschönigt hat! Es gibt keine Seite in diesem Buch, in dem nicht gravierende Rechtschreib-, Grammatik- und Formfehler zu entdecken sind. Reine Tippfehler entschuldige ich jederzeit, hier jedoch zeigt sich immer wieder, dass niemand den Text mal zur Korrektur durchgelesen hat (was ich Andreas Bethmann nebenbei bemerkt mehrmals angeboten habe) und er ungeprüft abgedruckt wurde. Auch so kann man Vorurteile, dass Horror-Fans nicht die intelligentesten sind, unfreiwillig bestätigen. Andreas wurde mit Sicherheit schon häufiger darauf angesprochen, dass seine Publikationen vor Druckfehlern nur so wimmeln und ich habe auch kein Problem damit, wenn jemand vielleicht in Rechtschreibung und Grammatik nicht so gut ist, aber in solchen Fällen suche ich mir doch jemanden, der mich unterstützt, wenn ich mit einem Buch an die Öffentlichkeit gehen will! Hier lasse ich Ausreden wie „keine Zeit zum Korrektur lesen“ oder „der Verlagschef ist Legastheniker und baut die Fehler nachträglich ein“ nicht gelten, denn dieses Buch ist im Eigenverlag erschienen.
Schlimm ist auch, dass das Buch schon auf der ersten Seite mit einer Verfälschung beginnt. Dort steht in Anführungszeichen geschrieben „Es gibt keine Zensur“ und darunter ist ein Bundesadler abgebildet. Somit wird suggeriert, dass es sich um ein Zitat aus dem Grundgesetz handelt. Richtig müsste es aber heißen: „Eine Zensur findet nicht statt.“ Falsch zitieren ist im harmlosesten Falle einfach nur peinlich, im schlimmeren Falle selbst eine Art von Zensur.
Inhaltlich zeigt Bethmann, dass er durchaus Ahnung vom Thema hat, nicht nur aufgrund eigener Erfahrungen, auch wenn sein persönlich gefärbter Schreibstil meiner Meinung nach nicht passend ist. Dass sich bestimmte Dinge viele Male wiederholen (z.B. dass bei uns beschlagnahmte Filme teilweise im Ausland als Kunst gelten und dort für Jugendliche freigegeben sind), ist verzeihbar, dass aber Nazimusik-Vertreiber Herbert Egoldt (Rock-o-Rama) als armes Opfer der Gema dargestellt wird ist schon peinlich.
Neben den bisherigen Kritikpunkten ist auch die Aufmachung des Buches wenig mitreißend. Es ist natürlich wichtig und sinnvoll, dass Dokumente, Gesetzestexte und ähnliches abgedruckt werden. Ob aber wirklich jeder FSK- und Beschlagnahmebeschluss, jede Anzeige, jedes Urteil und jeder Briefwechsel, dessen man habhaft werden konnte, abgedruckt werden sollte, ist doch zweifelhaft, da sich die Inhalte ständig wiederholen und häufig wenig aussagekräftig sind. Über 300 Seiten des Buches bestehen ausschließlich aus solchen Dokumenten! Rein optisch gibt es auch viel zu bemängeln, so wird auf manchen Seiten ein Satz begonnen, dann von 20 oder 30 Seiten Dokumenten unterbrochen und danach fortgeführt...im günstigsten Falle. Gelegentlich enden Sätze aber auch im Nichts und wenn man weiterblättert, findet man im ganzen Buch keine Fortsetzung. Wenn Trennstriche, die einen Text optisch ein wenig unterteilen sollen, plötzlich ganze Satzteile durchstreichen und niemals an der richtigen Stelle stehen, so lässt sich das vielleicht damit erklären, dass Autor und Druckerei verschiedene Schriftarten benutzt haben, aber was haben die Schriftarten mit den Trennstrichen zu tun und wird so was nicht vorher abgesprochen? Zudem hat man mit Sicherheit Schadensersatzansprüche, wenn die Druckerei Schuld an den Layout-Problemen hat. Die müssten sicherlich auf ihre Kosten eine korrekte Auflage nachdrucken, oder? Naja, angeblich ist das Buch in Spanien gedruckt, aber das rechtfertigt nicht, den Käufer viel Geld für ein mangelhaftes Produkt abzunehmen.
Ich mag gar nicht für alle Kritikpunkte unzählige Beispiele auflisten, geben tut es jedoch ausreichend. Schade, eine gut gemeinte Idee ist hier in allen Belangen komplett gescheitert. Dieses Buch ist definitiv ein absoluter Flop. Allerdings sollte die Besprechung nicht als persönlicher Angriff auf Andreas Bethmann verstanden werden! Im Gegensatz zu anderen Menschen kann ich hier problemlos zwei Dinge trennen, nämlich dieses schlechte Buch und den menschlich netten Andreas. (A.P.)
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